Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, die Anpassungsstrategien, mit denen Bakterien der Unsicherheit ständig wechselnder Umweltbedingungen begegnen, vollständig aufzuzählen. Drei weitere Strategien sollen zumindest genannt werden.
Erst seit wenigen Jahren ist bekannt, dass Populationen von genetisch identischen Bakterien heterogen sein können, also aus Individuen mit unterschiedlichen Eigenschaften bestehen. Wie diese Heterogenität zustande kommt und welche Mechanismen dafür eine Rolle spielen, untersuchen Wissenschaftler zurzeit in einem Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft untersucht.
Sehr viele Bakterien können auch Symbiosen mit anderen Arten eingehen. Der große Vorteil: Die Arten bringen dabei ihre jeweiligen Stärken ein und können dadurch gemeinsam mehr als jeder allein. Bakterien, die es schaffen, in Symbiosen mit Pflanzen, Tieren oder Menschen zu leben, können dem ständigen Wechsel der Umweltbedingungen zumindest teilweise entgehen.
Ähnlich handeln, wenn auch viel weniger freundlich, pathogene Bakterien. Diese haben sich darauf spezialisiert, in einem Wirt und von ihm zu leben. Die Beispiele zeigen, wie vielfältig die Mechanismen und Strategien sind, mit denen Bakterien unsicheren, durch ständigen Wechsel gekennzeichneten Umweltbedingungen begegnen. Wie es typisch ist in der belebten Welt, gibt es nicht das eine, alles einigende und erklärende Gesetz, sondern Biodiversität.
Diese vielfältigen Anpassungsmechanismen waren es auch, die es Bakterien erlaubt haben, alle Umwelten dieser Erde zu besiedeln. Sie wachsen von -50 bis +125 Grad, mit und ohne Sauerstoff, auf allen Kontinenten, in Seen und Meeren, und sogar in Wolken hat man Bakterien gefunden. Wir können noch vieles von ihnen lernen – vor allem Flexibilität.
Jörg Soppa, Universität Frankfurt/ Forschung Frankfurt