Klar scheint: Um gegen die Klimawandel und seine Folge zu bestehen, muss sich der Wald wandeln. Doch bevor er klimagerecht „umgebaut“ werden kann, müssen Förster und Waldbesitzer wissen, welche Baumarten sich dafür eignen. Das aber ist alles andere als einfach.
Erfahrungswissen hilft nicht mehr
Ein Beispiel dafür ist die Baumart, die in Deutschland als „Mutter des Waldes“ gilt und die vielerorts als idealer Helfer im Waldumbau galt: „Beim notwendigen Waldumbau hin zu klimastabilen Wäldern haben wir Forstleute in den vergangenen Jahrzehnten hauptsächlich auf die Rotbuche gesetzt“, erklärt Ulrich Dohle, Vorsitzender des Bunds deutscher Forstleute. Doch ausgerechnet dieser Baum zeige nun in vielen Wäldern deutliche und regional sogar bestandsweite Absterbe-Erscheinungen.
Das Problem besteht darin, dass viele Förster und Forstexperten sich bei der Auswahl der richtigen Bäume für einen Standort bisher immer auf ihre Erfahrung und die ihrer Vorgänger verlassen konnten. „Bei konstanten Umweltbedingungen ist wenig dagegen einzuwenden. Der Klimawandel aber stellt das über Förstergenerationen angehäufte Erfahrungswissen auf eine ernste Probe“, sagt Christian Kölling von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). „Keiner von uns und unseren Förstervorfahren war Zeuge eines Klimawandels der Geschwindigkeit und Größenordnung, wie er uns jetzt ins Haus steht.“
Nichtheimische Arten als Ausweg?
Unter anderem deshalb experimentieren Forstwissenschaftler inzwischen vielerorts mit Testanpflanzungen auch nichtheimischer Baumarten wie der Roteiche, Douglasie oder Küstentanne. Sie stammen aus Gebieten, in denen schon heute ein Klima herrscht, wie es für Deutschland in 50 oder 100 Jahren vorhergesagt ist. Solche Baumarten gelten daher als mögliche Alternative oder Ergänzung gerade für Waldgebiete, in denen heimische Spezies es künftig schwer haben könnten.
Allerdings: Das Einbringen fremder Arten in ein Ökosystem ist immer ein Risiko. Denn solche Spezies können sich mangels Konkurrenz manchmal zu invasiven Bedrohungen für die heimische Artenvielfalt entwickeln. Ein Beispiel dafür ist die Spätblühende Traubenkirsche, eine aus Nordamerika nach Europa importierte Baumart. Sie wurde im 19. Jahrhundert zu Versuchszwecken in vielen Forsten angepflanzt, hat sich aber seither so stark vermehrt, dass sie inzwischen als invasive Art und „Waldpest“ gilt. Um ein Überwuchern des Waldes zu verhindern, wird sie heute aktiv bekämpft.
Ein weitere potenziell negativer Nebeneffekt ist die geringe Anpassung der heimischen Fauna an diese „Fremdlinge“: Heimische Vögel, Insekten und andere Tiere können diese ihnen fremden Arten oft weder als Futter noch als Lebensraum nutzen. „Für den Anbau dieser Baumarten besteht ein erhebliches ökologisches Risiko“, warnt der BUND.
Versuch und Irrtum
Und noch etwas kommt hinzu: „Zu dem für Mitteleuropa typischen Übergangsklima gibt es weltweit nur wenige Analogien“, heißt es bei der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Typisch seien hierzulande vor allem die starken Temperatursprünge innerhalb und zwischen den Jahren. „Während mitteleuropäische Baumarten an diese Anforderungen durch jahrhundertelange Selektion angepasst sind, fehlt nichtheimischen Baumarten aus Ursprungsgebieten mit ausgeprägter Klimatoleranz diese spezielle Anpassung oft“, so das LWF.
Unter anderem deshalb ist schwer vorherzusagen, ob sich nichtheimische Baumarten hierzulande etablieren und durchsetzen können. Das demonstriert auch ein Feldversuch bei Wildberg in Baden-Württemberg. In den dortigen Wäldern wurden seit den 1960ern insgesamt 55 verschiedene nichtheimische Baumarten angepflanzt. Bis zum Jahr 2009 hatten davon jedoch nur 13 Baumarten mehr oder weniger erfolgreich überlebt. Von diesen bewerten Forstexperten gerade einmal drei Spezies – Douglasie, Riesen-Lebensbaum und Roteiche – als potenziell geeignet.
Wie der deutsche Wald der Zukunft aussehen wird, ist daher bisher noch ziemlich ungewiss.