Anfang Januar 2009 eskaliert ein Streit, der seit 1991 schwelt. Wie am Ende jedes Jahres verhandeln Russland und die Ukraine im Dezember 2008 die Gas- und Transitpreise für das kommende Jahr. Doch wie bereits zwei Jahre zuvor, als es erstmals zum Lieferstopp kam, reicht das Angebot der Ukraine dem russischen Erdgas-Monopolisten Gazprom nicht aus: 250 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter Erdgas fordert Gazprom, 201 US-Dollar bietet die Ukraine. Zudem steht die Ukraine bei den Russen mit mehreren Millionen Dollar in der Kreide. Die sind nicht bereit, vor Abzahlung der Schulden über neue Preise weiter zu verhandeln. Der Streit endet in einem erneuten Lieferstopp, der in den folgenden Wochen Europa in Atem hält.
Wer drückte auf „Stopp“?
Vom 1. Januar an fährt Russland die Lieferung von russischem Gas an die Ukraine schrittweise herunter. In den frühen Morgenstunden des 7. Januar wird das Pipeline-System in der Ukraine komplett abgestellt, aus Russland strömt kein Gas mehr in die Ukraine. Wer tatsächlich auf den „Stopp-Knopf“ drückte, ist bis heute nicht klar. Weigerte sich die Ukraine, Gas entgegenzunehmen, oder speiste Russland am Ende nichts mehr ein? Selbst Insider des russisch-ukrainischen Gas-Geschäfts wissen darauf keine Antwort.
Die Folgen dagegen sind unmittelbar darauf vor allem in den Ländern Ostmittel- und Südosteuropas deutlich zu spüren. Vor allem Bulgarien, Tschechien, Slowakei, Türkei, Serbien, Mazedonien, Griechenland und Österreich sind stark vom russischen Gas abhängig. Die Gasimporte mancher dieser Länder bestehen zu hundert Prozent aus Lieferungen der Gazprom. Innerhalb weniger Tage gehen so Anfang Januar in Hunderttausenden europäischen Haushalten die Heizungen aus.
Deutschland
Deutschland bekommt die Folgen der russisch-ukrainischen Auseinandersetzungen nicht direkt zu spüren. Zwar kommt weniger Gas in Deutschland an. Doch der deutsche Bedarf an Erdgas wird nur zu etwa einem Drittel aus Russland gedeckt, und nicht alles wird über die Ukraine importiert, sondern ein Teil auch über die Jamal-Pipeline durch Weißrussland. Der Lieferengpass kann außerdem durch Importe anderer Länder, vor allem aus Norwegen und den Niederlanden, und eigenen Reserven aufgefangen werden.