Um der Struktur des Untergrunds der Alpen auf die Spur zu kommen, werten die Forscher im Projekt Alp Array die Messdaten mehrerer Erdbeben unterschiedlicher Herkunft aus. Dafür legen sie diese nachträglich im Computer übereinander. Durch die Kreuzungspunkte der Wellen entsteht eine virtuelle Gitterstruktur der Erde unterhalb der Alpen, die bis in eine Tiefe von mehreren hundert Kilometern reicht.
Wellentempo im Kästchengitter
„Wir vergleichen dann die gemessenen Geschwindigkeiten der Erdbebenwellen mit vorher auf der Basis vereinfachter Modelle berechneten Erwartungen“, erklärt Kasper Fischer von der Ruhr-Universität Bochum. Abweichungen von diesen errechneten Durchschnittswerten lassen Schlüsse auf die tatsächliche Struktur des Untergrunds zu. „Langsamere Werte in einem Kästchen unseres Gitters können wir so der Alpenwurzel zuordnen, schnellere Werte in einem Kästchen deuten auf den umgebenden Erdmantel hin“, so Fischer.
Mithilfe dieser sogenannten seismischen Tomografie entsteht so nach und nach ein Abbild der inneren Struktur der Alpen und ihrer Wurzel – ganz ähnlich wie bei einer Computertomografie des Körpers im Krankenhaus. Noch haben die Messungen und Auswertungen des Alp Array erst begonnen. Doch die Forscher erhoffen sich schon bald neue Einblicke in die tiefe Unterwelt dieses großen europäischen Gebirges.
Neue Einblicke auch in die Plattenbewegung
Darüber hinaus erhoffen sich die am Projekt beteiligten Wissenschaftler auch Aufschluss über die Dynamik der Kontinentalplatten Afrikas und Europas, deren Kollision zur Bildung der Alpen geführt hat. „Nach der gängigen Auffassung taucht Europa unter die adriatische Platte ab“, erläutert Fischer, „aber ganz so einfach ist das nicht. Vielleicht ist es auch umgekehrt, oder an verschiedenen Stellen unterschiedlich.“ Mehr Wissen über den Untergrund in dieser Region erlaubt dann möglicherweise auch Rückschlüsse auf Strömungen im Erdmantel und die genauen Folgen der Bewegungen der Kontinente.
Meike Drießen/ RUBIN, Ruhr-Universität Bochum