Rot-, Weiß- und Rosenkohl, Rettich, Radieschen oder die Ackerschmalwand haben eins gemeinsam: Sie besitzen eine Blüte mit jeweils vier Kelch- und Blütenblättern, die auf Lücke stehen oder „über Kreuz“. Sie gehören deshalb zur Pflanzengruppe der Kreuzblütler oder Cruciferen.
Doch nicht nur die Blütenform ist bei allen Kreuzblütlern gleich, viele dieser Arten haben auch die gleiche Strategie entwickelt, um sich vor Pflanzenschädlingen zu schützen – die Senfölbombe.
Was sich hinter diesem kriegerischen Namen, den ihr die Wissenschaftler gegeben haben, versteckt, ist zunächst nichts weiter als ein Sammelsurium an Produkten des Zellstoffwechsels der Pflanzen. Dazu gehören einerseits bis zu 120 verschiedene Glucosinolate oder Senföle, eine Gruppe von schwefelhaltigen Zellbestandteilen, die früher als Vitamin U bezeichnet wurde. Notwendig für die Senfölbombe sind andererseits aber auch bestimmte pflanzliche Enzyme, die so genannten Myrosinasen.
Wehe, wenn sie zusammen kommen…
Wie Forscher bereits vor längerer Zeit festgestellt haben, werden Glucosinolate und Myrosinasen in den Zellen von Kreuzblütlern wie Broccoli oder Meerrettich erst einmal getrennt gelagert, so dass sie nicht miteinander in Berührung kommen. Nicht ohne Grund: Denn wenn Glucosinolate und Myrosinasen aufeinander treffen, sorgt das Enzym dafür, dass die Senföle in Glucose und verschiedene zum Teil hochgiftige Reste zerfallen.
Doch was hat das alles mit der Verteidigung der Kreuzblütler zu tun? Ganz einfach: Machen sich pflanzenfressende Insekten oder andere Schädlinge an Kohlgewächsen zu schaffen, zerschneiden und zerstören sie dabei auch die Pflanzenzellen. Glucosinolate und Myrosinasen verlassen ihre Kompartimente, reagieren miteinander und erzeugen dabei große Mengen an Giftstoffen.
Wissenschaftler haben festgestellt, dass viele Schädlinge für die Gifte der Kreuzblütler empfänglich sind. Eine Mahlzeit an Kohl & Co kann bei ihnen zu schweren Vergiftungen oder sogar dem Tod führe
Brokkoli als Krebsvorbeugung
Anders als für viele Tiere ist die Senfölbombe für den Menschen keine Gefahr. Ganz im Gegenteil: Die Glucosinolate und ihre Abbauprodukte (GAP) geben den Kohlgerichten nicht nur ihren typischen Geruch und Geschmack, sie besitzen sogar eine gesundheitsfördernde Wirkung.
So schützen die Glucosinolate beispielsweise vor Infektionen und bremsen auch die Wirkung von Schimmelpilzgiften. Wie viele medizinische Studien zeigten, haben GAPs zudem antioxidative Eigenschaften und werden deshalb auch zur Krebsvorbeugung eingesetzt.
Stand: 04.02.2005