Der Eisbär ist geradezu das Wappentier des Klimawandels: Kaum ein Bericht zum Thema ohne mindestens ein Bild des weißen „Riesen“ auf einer viel zu kleinen Eisscholle oder schwimmend in der eislosen Weite des Polarmeeres. Aber ist Ursus maritimus, so sein lateinischer Name, wirklich so schlimm dran?
Tatsächlich sind es die Tiere der Arktis und Antarktis, die die Folgen des Klimawandels als erste hautnah zu spüren bekommen. Ihnen schmilzt buchstäblich das Eis unter den Füßen weg, denn nirgendwo sonst auf der Erde steigen die Temperaturen schneller als im hohen Norden und tiefen Süden.
König des Eises im Winter
Eigentlich sind Eisbären von Natur aus Gewinner. Sie sind optimal an das Leben auf dem Eis angepasst. Dort, wo andere jämmerlich erfrieren und verhungern müssten, gedeiht das größte Raubtier der Arktis prächtig. Im Winter, wenn die Eisdecke fast komplett geschlossen ist, ist seine Hauptbeute besonders leicht zu erwischen: Denn dann müssen die Seerobben um Luft zu schöpfen an einem der wenigen Löcher im Eis auftauchen. Der Eisbär liegt dann oft stundenlang fast bewegungslos vor einem solchen Eisloch auf der Lauer. Taucht eine Robbe auf, packt er sie mit seiner Pranke und zieht sie aufs Eis. In fast achtzig Prozent der Fälle hat er mit dieser ziemlich energiesparenden Methode Erfolg.
Im Sommer allerdings, sieht es anders aus: Zwar ist der Eisbär ein so guter Schwimmer, dass er in den USA juristisch als „Wassertier“ gilt. Aber in der eisarmen Saison, wenn die Robben sich fast ausschließlich im Wasser aufhalten, hat er kaum eine Chance, sie zu erwischen. Seine einzige Chance ist es dann, dem sich zurückziehenden Eis zu folgen und weiter im Norden sein Glück zu versuchen. Auf diese Weise kann ein Eisbär im Laufe eines Jahres bis zu 1.000 Kilometer wandern, an einem Tag bis zu 150 Kilometern zurücklegen.Die Eisdecke ist für ihn daher mehr als nur ein Lebensraum, sie ist auch sein Nahrungsgarant.
Hungerleider im Sommer
Doch seine eisige Welt schrumpft mehr und mehr. Im Sommer sind bereits weite Gebiete der Arktis völlig eisfrei. Viele der insgesamt noch rund 20.000 bis 25.000 Eisbären können daher in dieser Zeit nicht jagen und müssen in den für sie nahrungsarmen Tundren von ihren Fettreserven zehren. In der kanadischen Hudson Bay bricht das Meereis im Sommer drei Wochen früher auf, die hier lebenden Tiere sind dann gezwungen, die Jagd abzubrechen und vorzeitig an Land zu kommen. Wissenschaftler registrierten bei den noch 950 Bären eine deutlich schlechtere körperliche Verfassung als noch in den 1970er Jahren. Die Weibchen ziehen zudem weniger Jungen auf.
2100: Eine Welt ohne Eisbären?
Im Jahr 2005 wurden die Eisbären auf der Roten Liste der gefährdeten Arten von „nicht besorgniserregend“ zu „gefährdet“ hochgestuft. Experten der IUCN, dem internationalen Gremium für Naturschutz, das die Roten Listen herausgibt, gehen davon aus, dass die Eisbärenpopulation in den nächsten 35 bis 50 Jahren um mindestens ein Drittel zurückgehen wird. Andere Forscher halten es sogar für wahrscheinlich, dass die Eisbären bei einem Temperaturanstieg von 2,8 Grad gegenüber vorindustriellen Werten komplett aussterben werden.
Nadja Podbregar
Stand: 14.11.2008