Ein kleines Projekt mit Kosten von nur 200.000 Mark führte die deutsche Nichtregierungsorganisation Misereor Mitte der 90er Jahre in Tansania durch. Im Süden des Landes unterstützte sie die katholischen Diözesen Mbinga und Songea bei der Errichtung von mit Wasserkraft betriebenen Maismühlen.
Über 90 Prozent aller Haushalte leben in der Region von der Landwirtschaft. Neben Hirse, Maniok, Kartoffeln und in höheren Lagen Kaffee wird vor allem Mais angebaut. Ein aus Maismehl zubereiteter Brei ist Hauptnahrungsmittel in Ostafrika. Um den Mais nicht selbst mit Reibsteinen und -platten mahlen zu müssen, bringen die Frauen ihn zu den weit verbreiteten Maismühlen, die mit Dieselmotoren arbeiten. Dies erspart zwar einige Stunden Arbeitszeit, doch die Gebühren der Mühlen sind in im Verhältnis zum jährlichen Einkommen sehr hoch. Denn in den abgelegenen Regionen ist Kraftstoff teuer. Zudem stehen die Mühlen häufig wochenlang still, da beispielsweise Ersatzteile für Reparaturen fehlen.
Die Idee, das in der Region reichlich vorhandene Wasser für den Antrieb der Mühlen zu nutzen, kam von einem deutschen Ingenieur, der gleiche Projekte bereits aus Äthiopien und Nepal kannte. Die Entwicklungsfachleute der Diözesen, die traditionell von der deutschen katholischen Kirche gefördert werden, griffen den Vorschlag mit Interesse auf. Wo aber sollten die Mühlen gebaut werden? Auf jeden Fall musste ein Fluss mit ausreichendem Gefälle vorhanden sein. Zudem sollte die Mühle an einem zentralem Ort liegen. Die Durchführung wurde zunächst erheblich von deutscher Seite angeleitet. Später konnten die Arbeiten schließlich überwiegend von einheimischen Fachkräften übernommen werden. Die notwendigen Kanalarbeiten und der Bau des Mühlenhauses lagen von Beginn an in der Hand der einheimischen Bevölkerung, die zudem Sand, Bruchsteine und Kies als Baumaterial zur Verfügung stellte.
Nach der Öffnung der Mühlen organisierte die Bevölkerung über ein Komitee den Betrieb und die Wartung. Schwierigkeiten gab es vor allem bei der Versorgung mit Ersatzteilen. Das Komitee bestellte die Teile meist erst, wenn die Mühle schon defekt war, so dass sie mehrere Tage ausfiel. Später wurden dann Ersatzteile auf Vorrat eingekauft. Die neuen Mühlen liefen sehr erfolgreich und wurden von der Bevölkerung gut angenommen. Die laufenden Betriebskosten der Wassermühlen sind wesentlich geringer als die der Diesel betriebenen. Die Gebühren für die Nutzung der Mühlen halbierten sich daher. Auch die Einnahmen nach Abzug aller Kosten sind nicht unerheblich. Die Komitees investieren diesen Gewinn in die Dorfentwicklung, so wurde beispielsweise das Dach einer Schule erneuert.
Der deutschen Organisation ging es bei der Durchführung auch um den Modellcharakter des Projektes. Trotz der geringen Investitionskosten wurde daher eine Untersuchung vorgenommen. Es zeigten sich eine eindeutige Verbesserung der finanziellen Belastung für die Familien. Jedoch wurde deutlich, dass die Mühlen sich zwar nach ihrer Errichtung selbst tragen, die Investitionskosten von etwa 40.000 Mark für den Bau aber auch in Zukunft von außen kommen müssen.
(Quelle:“Die Praxis der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ von F. Bliss)
Stand: 06.11.2001