Das Magnetfeld der Erde ist nicht nur unsichtbar sondern auch ungemein nützlich: Denn die magnetischen Feldlinien bilden einen Schutzschild gegen die energiereiche kosmische Strahlung. Sollte sich das Magnetfeld wie vermutet in Zukunft abschwächen, so könnte dies nicht nur zum Ausfall technischer Geräte führen, sondern auch das Leben auf der Erde bedrohen. Daher beobachten die Wissenschaftler des Deutschen GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) schon länger, wie sich das Magnetfeld verändert und welche Unregelmäßigkeiten es in seiner Stärke gibt. So steht in Niemegk nahe Berlin ein erdmagnetisches Observatorium, dass eines der ältesten Beobachtungsreihen der Welt fortführt. Zusätzlich unterstützt wird die Arbeit am Boden seit einigen Jahren durch modernste Satellitentechnik.
Wer kennt ihn nicht, den guten alten Kompass, dessen Nadel sich nach einigem Zögern schließlich doch zitternd und drehend nach Norden ausrichtet. Wer glaubt, dieses alte Messinstrument sei im heutigen Technikzeitalter entbehrlich, der hat sich allerdings getäuscht. Denn neben moderner Satelliten-Navigation ist der Kompass nach wie vor das wichtigste Instrument zur Orientierung. Für eine exakte Richtungsbestimmung ist jedoch zusätzlich die magnetische Nadelabweichung wichtig, die sich durch die „Wanderung“ der magnetischen Pole ständig verändert. So legt der Nordpol derzeit rund 50 Kilometer im Jahr zurück – Tendenz steigend.
Magnetfeld auf Abwegen
Die Ursachen für solche Änderungen in der Lage und der Stärke des Erdmagnetfeldes sind bis heute nicht restlos geklärt. Seinen Ursprung hat der Magnetismus sehr wahrscheinlich im flüssigen, äußeren Teil des Erdkerns. Eisenhaltige und leitfähige Strömungen erzeugen dort wie bei einem Dynamo ein elektromagnetisches Feld, dessen Linien vermutlich komplexen, wechselnden Mustern folgen. Nord- und Südpol sind der Ort, an dem diese Feldlinien senkrecht zur Oberfläche aus der Erde kommen. Doch ihre Form und Stärke variiert dabei von Tag zu Tag erheblich, weswegen der bogenförmige Schutzschild um die Erde sich auch ständig verändert. In der Erdgeschichte wechselte das Magnetfeld sogar alle paar hunderttausend Jahre seine Polarität. Forscher rechnen damit, dass solch eine Umpolung längst überfällig ist und das Magnetfeld innerhalb der nächsten 2.000 Jahre sogar kurzfristig einen sehr viel kleineren Wert annehmen könnte.
Dies hätte allerdings fatale Folgen für das Leben auf der Erde. Die kosmische Strahlung sowie hochenergetische Teilchen von der Sonne würden ungehindert die Atmosphäre erreichen und nicht nur Leben gefährden, sondern auch technische Geräte zum Erliegen bringen. Bereits heute kommt es bei starken Sonnenaktivitäten wie im Jahr 2003 immer mal wieder zu Stromausfällen, Störungen im Funkverkehr oder dem Versagen von Satteliten. Mit ein Grund, warum die Forscher in Niemegk und auf der ganzen Welt das Erdmagnetfeld ständig mit Argusaugen beobachten. „Niemegk hat zusammen mit seinen Vorgängerstationen in Potsdam und Seddin eine der längsten kontinuierlichen Datenreihen weltweit, bis 1890 reichen die Messaufzeichnungen zurück“, sagt Professor Rolf Emmermann, Vorstandsvorsitzender des GFZ. „Hinzu kommt: auch die Qualität der Daten gehört dank der gut gewählten Lage fern von anthropogenen Störungen der Messungen heute noch weltweit zu den besten.“
Ozean-Magnetfeld entdeckt
Trotz dieser langen Tradition ist die Modernisierung durch das Technikzeitalter auch an der Magnetfeldforschung des GFZ nicht spurlos vorbeigegangen. So werden die Messungen am Boden inzwischen durch Satelliten-Missionen wie CHAMP unterstützt. Aus einer Höhe von über 400 Kilometern beobachtet der Satellit seit dem Jahr 2000 das Gravitations- und Magnetfeld der Erde. Völlig überraschend konnte beispielsweise mit seiner Hilfe nachgewiesen werden, dass das gut leitende Meerwasser ein eigenes, das so genannte sekundäre Magnetfeld erzeugt.
„Satellitenbeobachtungen ergänzen die Messungen in Observatorien, vor allem in den Gebieten der Erde, wo es keine Messstationen gibt“, erklärt Emmermann das Zusammenspiel der unterschiedlichen Techniken. „Ersetzen können Satelliten aber die Observatorien nicht, weil gerade für Langzeitmessungen nur Observatoriumsbeobachtungen die Basis sein können.“ Überflüssig sind die klassischen Observatorien wie in Niemegk daher noch lange nicht, da zudem auch die notwendige Kalibrierung der Satellitengeräte nach wie vor über die Bodenmessungen erfolgt.
SWARM: Dreigestirn macht Zukunftsmusik
Da CHAMP in den letzten Jahren so überragende Ergebnisse lieferte, wollen die Wissenschaftler vom GFZ im Jahr 2009 noch einen Schritt weiter gehen. Dann schicken Sie in Zusammenarbeit mit der European Space Agency (ESA) gleich drei neue und verbesserte Satelliten vom CHAMP-Typ in den Himmel. Das Dreigestirn namens Swarm soll auf unterschiedlichen Flugbahnen und –höhen die Erde umkreisen und dabei die zeitlichen und räumlichen Veränderungen des Magnetfeldes in bislang unerreichter Qualität vermessen. Vielleicht können die Wissenschaftler dann auch die noch letzten Rätsel um das Magnetfeld unseres Planeten lösen.
Stand: 24.02.2006