Wer glaubt, der Sommerurlaub sei am besten geeignet, am Strand der Ostsee nach Bernsteinen zu suchen, wird wenig Erfolg haben. Die Chancen, das begehrte Urlaubsmitbringsel zu finden, sind gerade jetzt im Sommer denkbar ungünstig. Und das liegt keineswegs an den anderen Urlaubern, die ebenso eifrig den Strand abgrasen.
Das Wasser, das den Bernstein an Land spült, ist derzeit einfach zu warm. Nur im Herbst oder Winter, wenn das salzige Meerwasser bei vier Grad Celsius seine größte Dichte hat, ist der Bernstein leichter als das Wasser und treibt an der Oberfläche. Kommt dann noch ein kräftiger Sturm hinzu, der auch den Boden und darin abgelagerte Bernsteine aufwirbelt und genug Tang an die Meeresoberfläche treibt, verfängt sich der Bernstein darin wie in einem Kescher und wird in großen Mengen an Land gespült.
Und auch am Strand liegt der Bernstein nicht irgendwo. Er findet sich meist in einem schmalen Bereich, dem Spülsaum, in dem die Wellen immer und immer wieder das mitgebrachte Material ablagern. Hier bilden sich nach Stürmen auffallende braunschwarze Streifen, das so genannte Roll- oder Sprockholz, in dem sich die Suche am meisten lohnt.
Doch wie ist der Bernstein zu erkennen? Er liegt ja nicht poliert und funkelnd im Sand. Meist ist der Bernstein von einer dünnen Verwitterungskruste umgeben, die ihn rau, rissig und spröde aussehen lässt. Bernstein ist sehr leicht, leichter als die meisten Steine am Strand. Doch bei kleineren Stücken, hat man dafür meist kein Gefühl. Sicher ist der Salzwasser-Test. 15 Gramm Salz auf eine Tasse Wasser, und Bernstein sollte an der Oberfläche schwimmen. Ebenso kann der vermeintliche Bernstein an Wolle gerieben werden. Steine ziehen keine Stofffädchen oder Papierschnipsel an, Bernstein schon. Ein letzter überzeugender Test: das fragliche Stück anzünden. Um das Fundstück – falls es ein Bernstein ist – nicht den Flammen zu überlassen, kann auch eine glühende Nadel an den Stein gehalten werden. Schmilzt er an dieser Stelle und verbreitet sich ein aromatischer Duft, ist es Bernstein.
Im Baltischen Bernstein der „Blauen Erde“ werden pro Jahr eine Million Inklusen gefunden. Die Chancen, selbst auf einen der Einschlüsse zu stoßen, stehen also gar nicht schlecht. Um in das Innere des Bernsteins zu sehen, muss er geschliffen und poliert werden. Das geht schon ohne schwere Technik, einfach mit Schleifpapier, zunächst mit trockenem, anschließend mit feinerem Nass-Schleifpapier. Falls gesägt werden muss, dann mit einer kleinen Bügelsäge mit Silbersägeblättern. Allerdings nicht zu schnell, die Säge wird sonst heiß und schmilzt den Bernstein.
Gewarnt seien die, die sich die eigene Suche ersparen wollen und am Strand billig angebotene Inklusensteine kaufen. Das Handwerk des Fälschens geht auch am Bernstein nicht vorbei. Oft handelt es sich um keine echten Inklusen, nicht einmal echte Bernsteine. In Kunstharz eingelegte Stubenfliegen sind keine Seltenheit.
Sollen die eigenen echten Bernstein-Souvenirs noch die Enkel erfreuen, müssen sie richtig gelagert werden. Luft und Licht ausgesetzt verwittert er, wird schon nach zehn Jahren matt und bekommt Risse. Abgedunkelt aufbewahrt in luftdichten Tüten oder Döschen hält sich polierter Bernstein länger und kann als Erbstück seine Reise durch die Zeit fortsetzen.
Stand: 03.09.2004