Im Gebiet rund um das Ruhrgebiet gibt es aber nicht nur künstliche Stollen, Schächte und Kavernen: Im Süden der Region hat auch die Natur den Untergrund ausgehöhlt und faszinierende Höhlenwelten erschaffen. Sie verdanken ihre Entstehung einem weiteren wichtigen Rohstoff: dem Kalk.
Gigantische Riffe
Heute ist es kaum vorstellbar, doch vor rund 380 Millionen Jahren lag dort, wo heute das Rheinische Schiefergebirge liegt, ein flaches, tropisch warmes Meer. In diesem entstanden
durch das Wachstum von Korallen gewaltige Riffe – ähnlich dem heutigen Great Barrier Reef vor Australien. Später wandelte sich das Klima und die einstigen Riffe wurden von Sedimenten überdeckt.
Im Untergrund blieben die mächtigen Schichten aus Riffkalk aber erhalten. Dieser Massenkalk tritt am Südrand des Ruhrgebiets in einem Bogen etwa zwischen Ennepetal und Iserlohn zutage und setzt sich westlich bis nach Wuppertal und Wülfrath fort. Hier wird er in Steinbrüchen abgebaut und als Baustoff, aber auch als Hilfsstoff in der Stahlindustrie eingesetzt.
Gewölbe, Höhlen und verschwindende Bäche
An einigen Stellen dieses Kalksteinbogens jedoch blieb der Massenkalk nicht intakt. Im Laufe der Jahrmillionen wurde diese Schicht durch kohlensäurehaltiges Wasser langsam aufgelöst – das Gestein verkarstete. Es bildeten sich zahlreiche Hohlräume, Gänge und Gewölbe im Untergrund. Aber auch andere typische Karstphänomene kann man in dieser Region bestaunen: Quellen, Quelltöpfe und sogar Bäche, die abrupt im Untergrund verschwinden.
Einige Karstgebiete südlich des Ruhrgebiets sind sogar förmlich von Hohlräumen durchlöchert. Mit 62 bisher bekannten Höhlen könnte Ennepetal dabei die Stadt mit dem kleinsten Kalkvorkommen, aber den meisten Höhlen in Deutschland sein. In dieser Region liegen aber auch einige der größten Höhlensysteme Deutschlands.
{3l}
„Korallenstraße“ im Untergrund
Die größte und bekannteste davon ist die Kluterthöhle, mit 380 Gänge und insgesamt 5.518 Metern Ganglänge Deutschlands größte Besucherhöhle. Neben beeindruckenden Gewölben und unterirdischen Bächen und Seen fasziniert sie durch ihre „Korallenstraße“: In den Wänden der Gänge stecken zahlreiche gut erhaltene Fossilien aus dem urzeitlichen Riff. Weil sie vom Wasser teilweise halb aus der Wand herausgelöst wurden, geht man hier wie durch einen versteinerten Korallengarten.
Bei diesen Höhlensystemen handelt es sich fast ausschließlich um sogenannte Laughöhlen. Sie sind unterhalb des Grundwasserspiegels weitgehend isoliert von der Außenwelt entstanden. Erst später wurden sie durch Taleintiefung der Flüsse und Bäche angeschnitten und zugänglich gemacht.
Nadja Podbregar
Stand: 23.03.2018