Die Alpen sind das größte Gebirge Europas. Wie ein gewaltiger Riegel ziehen sie sich 750 Kilometer weit quer durch unseren Kontinent. Mit mehr als 100 Viertausender-Gipfeln bilden die Alpen eine mächtige Barriere und trennen Mittel- und Nordeuropa vom Süden ab. Dadurch prägt dieses Gebirge nicht nur das Klima Europas. Die Alpen haben auch die Geschichte und Entwicklung der menschlichen Kulturen in Europa entscheidend beeinflusst.
Aufgetürmt und noch immer am Wachsen
Die Alpen türmten sich auf, als die nach Norden wandernde Afrikanische Erdplatte mit Eurasien zusammenstieß. In einem mehrstufigen Prozess sorgte der Druck der kollidierenden Erdplatten dafür, dass sich Teile der Erdkruste aufwölbten. Dadurch wurden zunächst Teile ehemaligen Meeresbodens zu trockenem Land, dann wuchs langsam ein Gebirge in die Höhe. Doch erst vor rund 30 Millionen ereignete sich der entscheidende Schub, der die Alpen zum Hochgebirge machte. Geologisch gesehen sind sie daher ein noch eher junges Gebirge.
Und die Entwicklung der Alpen ist noch lange nicht abgeschlossen: Bis heute ist das Gebirge in ständiger Bewegung. Seine Gipfel heben sich im Schnitt um rund 1,8 Millimeter pro Jahr in die Höhe. Gleichzeitig bewegt sich das Gebirge auch seitwärts: Der östliche Alpenraum driftet mit bis zu zwei Millimetern pro Jahr nach Osten und wird dabei zusammengedrückt und deformiert, wie erst vor Kurzem eine Studie auf Basis von Langzeitmessungen enthüllte.
Eiszeit statt Plattentektonik
Doch was verursacht diese Bewegung? Lange galt die anhaltende Plattentektonik als einer der Hauptgründe für die Hebung der Alpen: Weil die Afrikanische Platte noch immer nordwärts wandert, drückt sie die Erdkruste unter den Alpen weiter zusammen und in die Höhe. Dazu kommt dann noch eine von der Erosion verursachte Hebung, weil das Abtragen des Gesteins die Erdkruste entlastet und so das gesamte Gebirge ansteigen kann – so jedenfalls die gängige Annahme.
Vor einigen Jahren jedoch haben Forscher mithilfe von GPS-Sensoren und den Daten seismischer Messstationen die Bewegungen des Gebirges genauer analysiert. Das überraschende Ergebnis: Der Hauptantrieb der Alpenbewegung sind keineswegs Plattentektonik und Erosion. Sie machen weniger als zehn Prozent der heutigen Hebung aus. Stattdessen ist das Abtauen des eiszeitlichen Eispanzers der Grund für das anhaltende Wachstum der Alpen: Bereit von der Auflast des Eises federt die Erdkruste im Zeitlupentempo wieder zurück – und hebt das gesamte Gebirge langsam an.
Schon dies demonstriert, dass die Alpen noch lange nicht vollständig erforscht sind. Um mehr über die Entwicklung und Veränderungen dieses Gebirges herauszufinden, blicken Forscher inzwischen vermehrt in den Untergrund – zu den Wurzeln der Alpen.
Nadja Podbregar