Das visuelle System verwendet implizites Wissen, um fehlende Information zu ersetzen oder mehrdeutige Information aufzulösen. Kann ein Beobachter zum Beispiel den Zusammenhang zwischen zeitlichen und räumlichen Größen unter Bedingungen konstanter Gravitation nutzen?
Aus dem gleichen Grunde, aus dem ein langes Pendel langsamer schwingt als ein kurzes, machen große Tiere in der gleichen Zeit weniger Schritte als kleine. Aus diesem Zusammenhang heraus müsste es möglich sein, von der Schrittfrequenz auf die Größe eines Tieres zu schließen.
Das Experiment: Eine Gruppe von Testpersonen sieht Laufsequenzen eines Hundes in Form von Punktlicht- Displays und soll die Größe des „Strich-Vierbeiners“ an Referenzobjekte in der Umgebung des Hundes (Kakteen, Pfeiler) anpassen. Die Ergebnisse zeigen, dass die von den Beobachtern eingestellte Größe tatsächlich von der Schrittfrequenz abhängt: Je größer die Schrittfrequenz ist, desto kleiner wird das Tier wahrgenommen.
Die Beziehung zwischen Schrittfrequenz und wahrgenommener Größe spiegelt das umgekehrte quadratischen Verhältnis wider, welches dem durch Gravitation vermittelten Zusammenhang zwischen räumlichen und zeitlichen Größen entspricht. Offenbar „kennt“ das visuelle System diesen physikalischen Zusammenhang.
Stand: 11.06.2004