Ökologie

Biene Maja und Co.

Auch bei der Bestäubung profitieren beide Partner

Es begann zu Anfang der Kreidezeit und eigentlich war ein Raubzug der Auslöser: Einige Käfer kamen auf die Idee, die nahrhaften Pollen von Blüten zu fressen. Wenn sie danach zur nächsten Blüte flogen, um dort weiter zu fressen, transportierten sie mitunter zufällig einige der Pollenkörner mit. Dies war der Beginn einer Symbiose zwischen Blütenpflanzen und Tieren, die das Gesicht der Welt bis heute nachhaltig verändert hat.

Während zu Beginn der Beziehung der Vorteil noch klar auf der Seite der räuberischen Insekten zu liegen schien, entwickelten die Pflanzen ihrerseits Mechanismen, um die Insekten für ihre Zwecke zu gebrauchen. Sie boten ihnen „billigen“ Nektar statt des kostbaren Pollens und profitierten von der schnellen und effektiven Übertragung des Pollens auf andere Blüten. Die bestäubenden Insekten erhielten im Gegenzug Nahrung.

Insekten als Pollenüberträger ermöglichen schnellere Evolution

Diese symbiotische Beziehung war so erfolgreich, dass die insektenbestäubten Angiospermen (Bedecktsamer) sich während der Kreidezeit gegen die bis dahin vorherrschenden Koniferen durchsetzten. Ende der Kreidezeit kam es zu einem großen Artensterben, viele Gattungen der dominanten Koniferen verschwanden. Zusammen mit den Dinosauriern mussten sie ihre Vormachtstellung aufgeben, an ihre Stelle traten Säugetiere und die Bedecktsamer.

Man vermutet, dass vor allem die beschleunigte Evolution der Bedecktsamer, die eine schnellere Anpassung an veränderte Lebensbedingungen ermöglicht, zu diesem Erfolg beigetragen hat. Durch den Einsatz von Insekten als Pollenüberträger können Angiospermen es sich leisten, viel kleinere Populationen zu bilden, in denen Evolution schneller stattfinden kann. Gymnospermen (Nacktsamer) dagegen sind auf große Populationen angewiesen, damit die durch den Wind verteilten Pollen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf eine passende Blüte treffen.

Als Pollenüberträger werden bei den Bedecktsamern aber nicht nur Insekten eingesetzt. Auch Vögel und Säugetiere, zum Beispiel Fledermäuse, stehen in symbiotischen Beziehungen zu Blütenpflanzen. Dabei sind die Blüten und ihre jeweiligen Bestäuber oftmals aneinander angepasst.

Landebahnen für Insekten

Bienenbestäubte Blüten haben häufig besondere Markierungen, sogenannte Saftmale, die es den Tieren erleichtern, den Nektar – und natürlich auch die Bestäubungsorgane – zu finden. Nicht immer sind diese Signale auch für uns Menschen sichtbar, da wir im Gegensatz zu Bienen nicht im UV-Bereich sehen können.

Fledermausbestäubte Blüten dagegen haben oft blasse Farben, denn die nachtaktiven Fledermäuse wissen farbige Muster nicht zu schätzen, und verströmen einen starken Geruch. Unter Bananenblüten befindet sich ein starkes Tragblatt, so dass die im Fluge ungeschickten Fledermäuse leicht darauf landen können. Rote Blüten, die keinen Duft ausströmen, werden oft durch Vögel bestäubt, da Bienen kein Rot sehen können. Nach verfaulendem Fleisch stinkende Blüten locken Aasfliegen an.

Bienen und Blumen passen Saugrüssel und Blütenform oft im Rahmen einer Koevolution aneinander an. © Chiswick Chap / CC-by-sa-4.0

Abhängigkeit von Blüte und Bestäuber

Teilweise entwickelt sich zwischen Blüte und Bestäuber durch Koevolution eine solche Abhängigkeit, dass eine Tierart nur noch eine ganz bestimmte Pflanzenart aufsucht. Der Vorteil liegt darin, dass die Pollen der Pflanze mit Sicherheit auf eine „passende“ Blüte der gleichen Art gelangt und nicht etwa an einer völlig anderen Blüte haften bleibt und somit verloren geht.

Der Bestäuber hat dafür ein Monopol auf die Futterquelle. Eine solche Koevolution findet man etwa bei einigen Kolibri-Arten, deren Schnabel exakt die Form der zur Symbiose gehörenden Blüte hat. Vögel mit anders geformten Schnäbeln können den Nektar am Blütengrund nicht erreichen. Ein Nachteil dieser extremen Anpassung liegt darin, dass das Verschwinden des einen Partners das Aussterben des anderen zur Folge hätte.

In der Beziehung Blütenpflanze-Bestäuber steht jedoch keineswegs eine „Freundschaft“ im Vordergrund. Vielmehr herrscht ein stetiges Konkurrenzverhältnis, bei dem jeder Partner versucht, möglichst viel für sich rauszuschlagen. Ein Beispiel sind Blüten mit gelben Flecken auf den Kronblättern, die überdimensionale Pollenweiden vortäuschen, dann aber nur wenig oder keinen Nektar anbieten. Auch in der Natur ist eben jeder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht.

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Stand: 22.04.2000

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Symbiosen
Eine Hand wäscht die andere

Miteinander - Gegeneinander
Interaktionen verschiedener Arten

Wichtiger als man denkt
Symbiotische Beziehungen sind mehr als Lehrbuchbeispiele

Raus aus der Ursuppe
Endosymbiose stand am Anfang höheren Lebens

Biene Maja und Co.
Auch bei der Bestäubung profitieren beide Partner

Höher als das Empire State Building
Riffwachstum mithilfe von Symbionten

Evolution
Kein Fortschritt ohne Symbiose

Ameisen als Gärtner
Pilzkulturen unter der Erde

Algen als Sklaven von Pilzen?
Flechten - immer als erste da

Freispruch für die Termiten
Eine Symbiose mit drei Partnern

Ein ungleiches Paar
Die Grundel als Alarmanlage

Mitfahrgelegenheit gegen Schutz
Eine Abmachung zwischen Einsiedlerkrebsen und Anemonen

Wie eine Festung verteidigt
Von Ameisen die auf Akazien leben

Bakterien überall
Ohne Bakterien geht es nicht

Pflanzenfressen will gelernt sein
Was Kühe und Koalas gemeinsam haben

Wie im Paradies
Bakterien als Symbionten des Menschen

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Leuchtkraft dank Bakterien

Nahrungsergänzung bei Leguminosen
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