Im Fusionsreaktor wird Lithium ein Bestandteil der Reaktorwand sein. Diese Methode hat den Vorteil, dass das Tritium erst während des Betriebs im Reaktor entsteht und auch dort sofort wieder verbraucht wird. So gelangt dieser radioaktive Wasserstoff, der mit einer Halbwertszeit von gut zwölf Jahren recht schnell zerfällt, nicht in die Umwelt.
Asdex Upgrade in Garching verwendet allerdings noch kein Tritium. Dafür sind bislang nur zwei große Anlagen ausgerüstet, der europäische JET (Joint European Torus) im englischen Abingdon und der US-amerikanische TFTR (The Tokamak Fusion Test Reactor) an der Princeton University. Fusionsreaktoren werden mit verblüffend wenig Brennstoff auskommen. Deshalb wird auch die Menge des im Plasma vorhandenen Tritiums immer gering sein. Ein Fusionsreaktor hätte also nicht das hoch radioaktive Innenleben eines Kernspaltungsreaktors.
Die Kernverschmelzung liefert erheblich mehr Energie als jede andere technisch umsetzbare Form der Energiegewinnung. Nur 0,08 Gramm Deuterium und 0,2 Gramm Lithium würden genügen, um den heutigen Jahresbedarf einer Familie an elektrischem Strom zu erzeugen. Diese Brennstoffmenge steckt in zwei Litern Wasser und einigen Kilogramm Mineralgestein. Als Fusionsasche entstehen genauso geringe Mengen an Helium, das nicht radioaktiv ist und auch in der Natur vorkommt. Die Physiker können heute sicher sagen, dass ein funktionierender Fusionsreaktor eine ausgesprochen gutmütige Maschine wäre. Zwar sind die Temperaturen im gezündeten Plasma Respekt einflößend hoch. Doch wegen seiner extremen Verdünnung enthält es nur wenig Energie.
Keine radioaktive Gefahr
In Asdex Upgrade entspricht die im Plasma gespeicherte Energie gerade mal dem Verbrauch einer Glühbirne in drei Stunden. Beim Zusammenbruch des Magnetfelds würde das heiße Plasma zwar das Vakuumgefäß innen leicht beschädigen. Doch die empfindliche Fusionsreaktion würde dabei sofort zusammenbrechen. „Die Nachwärme würde nicht ausreichen, um die Struktur zu zerstören“, sagt Zohm. „Nach einem solchen Unfall müsste man nur ein paar Komponenten reparieren.“ Eine schreckliche Katastrophe wie in Tschernobyl sei ausgeschlossen. „Ein Durchgehen ist prinzipiell nicht möglich“, betont Günter, „weil es keine Kettenreaktion wie bei der Kernspaltung gibt“.
Das sensible Plasma will sorgfältig gehegt sein. Bis dato hat auch noch keine Plasmaanlage die Zündbedingung für eine permanent laufende Fusion erreicht. Alle heutigen Experimente wie Asdex Upgrade dienen technischen Vorstudien und der Grundlagenforschung an heißen Plasmen. Als Plasma bezeichnen Physiker ein Gas, dessen Atome sich von ihren Elektronen getrennt haben. In unserer Umwelt existieren Plasmen nur für kurze Zeit, vor allem in Blitzen. „Im Kosmos aber stellen Planeten wie die Erde eher eine Ausnahme dar“, sagt Zohm.
Im Sonnenwind, in Sternen und in interstellaren Gaswolken gelten Plasmen als ein völlig normaler Materiezustand. Das Plasmagemisch aus elektrisch negativ geladenen Elektronen und positiv geladenen Atomkernen lässt sich elegant mit Magnetfeldern manipulieren. Die Physiker benutzen dafür Käfige aus kunstvoll geformten Magnetfeldern, deren Feldlinien das heiße Plasma gleichsam hinter Gittern gefangen halten. Die Fusionsforscher haben dafür zwei Prinzipien entwickelt, den Stellarator und den Tokamak.
Stand: 01.09.2006