Harvey brachte dem Süden der USA nicht nur heftigere Regenfälle als jeder andere Tropensturm vor ihm, auch sein Zugverhalten war sehr ungewöhnlich: Statt stetig weiter landeinwärts zu ziehen, blieb der Tropensturm tagelang über dem Großraum von Houston hängen. „Der Sturm stand quasi still und mäanderte über dem gleichen Gebiet hin und her“, erklärt US-Meteorologe Matthew Kelsch. „Dadurch bekam diese Region die ganze Zeit den Regen ab.“
Hochdruck-Barriere und fehlender Schubwind
Der Stillstand sorgte gleichzeitig dafür, dass der Tropensturm immer weiteren Wassernachschub bekam. Weil er in Küstennähe blieb und teilweise sogar wieder auf das Meer hinauszog, konnte Harvey reichlich feuchtwarme Luft ansaugen – Futter für die Regenmaschine in seinen Wolken. Während anderen Hurrikans und Tropenstürmen nach ihrem Landfall meist schnell das Wasser ausgeht, schüttete Harvey selbst eine Woche nach seinem ersten Landkontakt fast unvermindert weiter Wassermassen aus.
Der Grund für Harveys Stillstand war ein ausgedehntes, fast stationäres Hochdruckgebiet über weiten Teilen der USA, wie Meteorologen erklären. Dieses blockierte den Weiterzug des Tropensturms und verschob den Jetstream nach Norden. Dadurch haben sich die normalerweise in dieser Region vorherrschenden Luftströmungen stark abgeschwächt. Die Folge: Dem Sturm fehlte der „Schub“.
Blockaden künftig häufiger
War dies nur eine atmosphärische Ausnahme-Situation? Nach Ansicht von US-Klimaforscher Michael Man gilt dies nur bedingt. Denn das Blockade-Hoch und der verschobene Jetstream entsprechen den Szenarien, die Klimamodelle als typische Folge des menschengemachten Klimawandels prognostizieren: Weil der zunehmende CO2-Gehalt der Atmosphäre vor allem die hohen Breiten stark aufheizt, verringert sich das Temperaturgefälle zwischen Polen und Tropen.
Das wiederum verändert die Luftströmungen und vor allem den Jetstream. Dieser wird häufiger polwärts verschoben, gleichzeitig bewegen sich seine großräumigen Wellen langsamer- und bleiben manchmal ganz stehen. Bei uns in Europa kann dies beispielsweise dazu führen, dass sommerliche Hitzewellen häufiger und stärker werden. Anderswo könnten Regenperioden verlängert oder wie bei Harvey Sturmbahnen blockiert werden.
„Wir sagen nicht, dass der Klimawandel Hurrikan Harvey verursacht hat“, betont Mann. „Aber wir können feststellen, dass er mehrere Eigenschaften des Sturms verstärkt hat. Harvey war dadurch stärker und intensiver als er es in Abwesenheit der anthropogenen Erwärmung gewesen wäre.“
Nadja Podbregar
Stand: 01.09.2017