Wenn jemand dringend eine Transfusion braucht, bestehen die Ärzte zunächst auf der Bestimmung der Blutgruppe. Warum ist es so wichtig, dass der Patient Blut derselben Blutgruppe erhält? Vor der Entdeckung der Blutgruppen wurden Blutübertragungen nur sehr selten durchgeführt, weil sie oft tödlich endeten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren sie deswegen in den meisten europäischen Ländern sogar untersagt.
Da hin und wieder aber doch Transfusionen von Erfolg gekrönt waren, überlegte sich der Wiener Arzt Karl Landsteiner, ob ein wie auch immer geartetes System dahinter steckt. Er entnahm sich selbst und fünf seiner Mitarbeiter Blut und mischte es in allen Kombinationen. Aus den Ergebnissen leitete er 1901 das System der Blutgruppen ab, für das er später sogar den Nobelpreis bekam.
Landsteiner entdeckte, dass das Serum der Blutgruppen A, B und 0 bestimmte „Verklumpungsstoffe“ enthält, die sich an die roten Blutkörperchen anderer Blutgruppen anlagern und diese so miteinander verkitten, dass die Blutgefäße verstopft werden. Dabei handelt es sich um Proteine an der Oberfläche der roten Blutkörperchen, die als Antigene wirken. Erythrocyten mit einer anderen Oberflächenzusammensetzung werden als Fremdkörper erkannt und bekämpft. Das funktioniert nach dem Schlüssel-Schloß-Prinzip. Lymphocyten bilden die passenden Antikörper, die an die fremden Antigene andocken und einen unlöslichen Komplex bilden.
Rhesusfaktor
Landsteiners Erkenntnisse revolutionierten die damalige Medizin und waren unter anderem bei der Behandlung von Verwundeten im ersten Weltkrieg von großem Nutzen. Ab und zu traten aber immer noch unerklärliche Komplikationen auf, die ihn dazu veranlassten, sein Wissen über das rote Lebenselixier noch weiter zu vertiefen. Im Jahr 1940 entdeckte er schließlich bei Experimenten mit Rhesusaffen, dass es noch ein Merkmal gibt, das an der Verträglichkeit beteiligt ist. Der Forscher isolierte einen weiteren Bestandteil der Zellmembran von roten Blutkörperchen, den er Rhesusfaktor nannte.