Künftig soll jährlich ein Tank mit neuen Humanproben hinzukommen, gesammelt mit dem Hightech-Labor-Truck. Sein Kernstück ist ein 40 Quadratmeter großer Bereich im Laderaum. Er lässt sich schaffen, indem der Auflieger des Sattelschleppers seitlich ausgefahren wird. Dadurch wächst die Ladefläche auf das Doppelte. Etwa die Hälfte des Raums füllt das Labor. Die andere Hälfte bietet Platz für drei Arztarbeitsplätze.
Während die Proben gesammelt werden, nimmt eine Zahnärztin das Gebiss der Testpersonen unter die Lupe, um festzuhalten, ob es Zahnfüllungen gibt. So lässt sich später ermitteln, ob Quecksilber-Belastungen im Urin mit amalgamhaltigen Zahnfüllungen korrelieren oder mit einem erhöhten Fischkonsum. Danach geht es für die Studierenden, die sich freiwillig gemeldet haben, weiter zum Blutabnehmen. Am Ende haben zwei Ärztinnen insgesamt 145 Milliliter Blut gewonnen.
Gleiche Bedingungen – überall
„Der Truck verändert die Qualität der medizinischen Probenahmen entscheidend“, sagt Daniel Schmitt. „Denn er stellt erstmals ein identisches Labor an allen Standorten bereit.“ Überall und jederzeit lassen sich nun Proben auf dieselbe Weise und unter gleichen Bedingungen sammeln und verarbeiten. Bisher mussten die Forscher meist improvisieren und waren für ihre Arbeit auf wechselnde Labors und anderweitig genutzte Räume angewiesen. „Unterschiedliche Voraussetzungen an den Probenahme-Standorten führen automatisch zu verschiedenen Prozessen, was eine übergreifende Standardisierung der Arbeitsabläufe in allen Labors sehr schwierig macht“, sagt Dominik Lermen.
Die Urinproben brachten die Studierenden selbst mit zum Arzttermin im Truck. Zusammen mit der Probe gaben sie einen ausgefüllten Fragebogen bei den Forschern ab. Gefragt wurde unter anderem nach den Materialien von Bodenbelägen und Leitungen in der Wohnung, nach Ernährungsgewohnheiten, Erkrankungen und regelmäßig eingenommenen Medikamenten. „Die Antworten liefern uns ein Bild von den Lebensumständen der Testpersonen“, sagt Dominik Lermen. „Sie lassen etwa darauf schließen, ob Spuren von Blei oder Kupfer aus Wasserrohren stammen oder ob ein hoher Gehalt an Schwermetallen von bestimmten Speisen verursacht wurde.“ Um die Quelle von Umweltbelastungen lokalisieren zu können, registrierten die Forscher zudem, wo die Testpersonen aufgewachsen waren und wo sie sonst gewohnt haben.
Sofort-Analyse liefert erste Daten
Den überwiegenden Teil der Proben frieren Mitarbeiter im Truck unmittelbar nach der Portionierung in kleinen Portionen ein. Blutplasma und Urinproben werden jedoch zuvor eingehend charakterisiert. So wird das Blutplasma – der flüssige, von festen zellulären Partikeln befreite Bestandteil des Bluts – auf den Cholesterin-Spiegel und den Gehalt an Proteinen untersucht. „Dazu verfügt das mobile Labor über ein Analysegerät, das die Proben automatisch untersuchen kann“ , sagt Dominik Lermen. Nach wenigen Minuten ist die Analyse abgeschlossen und der Apparat spuckt die Resultate aus. Die Messdaten werden elektronisch der Probe zugeordnet, die mit einem Barcode versehen ist – und sich dadurch jederzeit leicht wieder auffinden und identifizieren lässt.
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Auch die Urinproben prüfen Mitarbeiter an Ort und Stelle auf Eigenschaften wie Gewicht, Dichte und elektrische Leitfähigkeit. Am Ende kommt jede Teilprobe in ein individuell gekennzeichnetes Röhrchen. Die Gefäße landen in einem Probenhalter und werden damit in einen Flüssigstickstoff-Tank getaucht, der im angrenzenden Lagerraum steht. Dort zeigt sich eindrucksvoll die breite Palette an Innovationen, mit der die IBMT-Forscher und ihre Partner aus der Industrie den Truck versehen haben.
„Den Probenhalter haben wir eigens entwickelt, um Beschädigungen der Röhrchen beim Einfrieren zu verhindern“, sagt Daniel Schmitt. „Er ermöglicht es, die Gefäße sachte ins eisige Innere des Kryotanks einzuführen.“ Sonst bestünde die Gefahr, dass der Kunststoff der Probenröhrchen durch einen zu abrupten Temperatursprung brüchig wird.
Ralf Butscher (Text)/ Bernd Müller (Fotos)
Stand: 31.05.2013