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Der Schlüssel zum effektiven Lernen ist Motivation. Wenn wir uns langweilen, müde, gestresst oder gar apathisch sind, ist es viel schwieriger, Information zu behalten und zu lernen, als wenn wir wach, entspannt, interessiert und hochmotiviert sind. Botenstoffe wie Noradrenalin, Dopamin, Nikotin und Stresshormone nehmen dabei starken Einfluss auf unsere Lernfähigkeiten.
Ratten im Was-Wo-Wann-Test
Auch Nagetiere besitzen die Fähigkeit zum episodischen Gedächtnis: Sie erinnern, was sie bereits erlebt haben, wo sie etwas erlebt haben und wann sie es erlebt haben. Dieses „Was-Wo-Wann-Gedächtnis“ überprüfte der Doktorand Neal Lemon von der Abteilung für Neurophysiologie der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität im Verhaltensversuch mit Ratten. Er testete die Auswirkung der Botenstoffe Noradrenalin und Dopamin auf die synaptische Plastizität und auf das Lernen der Tiere.
Diese lernten im Rhythmus von einer fünfminütigen Erkundungszeit und einer sich anschließenden Pause von etwa einer Stunde immer wieder neue Objekte kennen, die jeweils an ganz bestimmten Stellen innerhalb eines Raums platziert waren. Die Tiere zeigten das größte Interesse an einem der zuerst gesehenen Objekte, wenn sich dieses gegen Ende der Testreihe an einer anderen Stelle befand. Sie hatten sich gemerkt, was sie wann und wo gesehen hatten. Eine Hemmung der Rezeptoren für Noradrenalin und Dopamin hemmte bei den Tieren sowohl die synaptische Plastizität als auch das deklarative Lernen. Im Gegensatz dazu stärkte eine Aktivierung des für beide Botenstoffe zuständigen Systems die synaptische Plastizität und damit das Lernen.
Manche Erinnerungen möchten wir gar nicht behalten: Traumatische Erinnerungen von Unfällen, Katastrophen bzw. Kriegserlebnissen führen zu Stresssyndromen, die die Lebensqualität beinträchtigen. Eine gezielte Manipulation der Rezeptoren für Noradrenalin lässt sich daher als Behandlungsstrategie des Posttraumatischen Stresssyndroms nutzen. Lemons Daten zeigen, wie vielversprechend diese Therapien sind.
Mit allen Sinnen lernen
Wenn wir lernen, benutzen wir aber auch unsere Sinnessysteme und unsere Vorerfahrung, um Gedächtnisse zu bilden. Wenn wir unsere Augen schließen und zurückdenken an den Heiligabend im vergangenen Jahr, dann sehen wir vielleicht den geschmückten Weihnachtsbaum, riechen den Geruch des Festessens oder können sogar die Melodie der Weihnachtsmusik abrufen oder das Gefühl, auf der harten Kirchenbank zu sitzen. Was wir gesehen, gerochen, gehört und gespürt haben, trägt zu dieser Erinnerung bei. Diese Sinnesinformation wurde zur Hauptgedächtnisstruktur des Gehirns, dem Hippocampus, transportiert. Durch synaptische Plastizität wurde ein Gedächtnismuster gebildet, dessen Inhalt nicht nur unsere Sinneserlebnisse prägt, sondern auch unsere Gefühle und Erwartungen.
Denise Manahan-Vaughan / RUBIN -das Wissenschaftsmagazin der RUhr-Universität Bochum
Stand: 20.04.2012