Es sei eine der erfolgreichsten Aktionen gegen den sogenannten „heimischen Terrorismus“ des vergangenen Jahrzehnts in den USA, meldete das FBI Anfang 2006. Die „Operation Backfire“ richtete sich jedoch nicht gegen Flugzeugentführer oder geplante Selbstmordanschläge – das Ziel waren militante Umweltschützer. Im Umfeld der Operation verhafteten die Beamten 18 Aktivisten, zu den Anklagepunkten gehörten Brandstiftung, Sachbeschädigung, Sabotage und Verschwörung.
Die US-Ermittler sprechen vom „homegrown Terrorism“ oder „domestic Terrorism“. Damit beziehen sie sich auf terroristische Aktionen, deren Ursprung und Ziel im eigenen Land liegt, also von US-Bürgern gegen US-Einrichtungen verübt wird. Ganz oben auf der Liste dieser „Terroristen zuhause“ stehen mehrere Umweltschutzorganisationen, wie etwa die „Earth Liberation Front“ (ELF).
„Die Elfen sind wütend“
Die ELF sieht sich nicht als Organisation, sondern als Bewegung – jeder Umweltschützer kann in ihrem Namen „direkte Aktionen“ durchführen. Hinter diesem bereits in den 1970er Jahren entstandenen Begriff steckt mehr als nur ziviler Ungehorsam: Statt lediglich gegen Umweltzerstörung zu protestieren, sollen gezielte Aktionen die „Vergewaltigung der Natur“ direkt unterbinden und Aufmerksamkeit erregen. Die Aktionen sind direkt, weil sie nicht den oft langwierigen und erfolglosen Weg über politische Prozesse und Instanzen suchen. Stattdessen nehmen die Protestierenden die Angelegenheit selbst in die Hand und sorgen für Veränderungen.
Im Falle der ELF-Anhänger, oft auch schlicht Elfen genannt, gehört dazu auch Brandstiftung im großen Stil: 1998 etwa brannte ein neu errichtetes Ski-Resort mit Hotels und Ski-Liften im US-Bundesstaat Colorado fast vollständig ab – feuriger Protest gegen den Eingriff in die zuvor unberührten Wälder. Brandsätze flogen in den folgenden Jahren auch auf andere von den Aktivisten als umweltzerstörerisch eingestufte Ziele: Sägewerke, Geschäftsstellen von Holzfällerbetrieben, Autogeschäfte und Neubauten. „Wenn ihr etwas aufbaut, brennen wir es ab“, lautete ein hinterlassenes Bekennerschreiben auf einem Transparent, „Die Elfen sind wütend!“
„Gewaltanwendung aus umweltpolitischen Gründen“
Tote oder Verletzte gab es bei diesen Anschlägen nie, der Sachschaden jedoch summierte sich in einem Jahrzehnt auf fast 50 Millionen US-Dollar. Bereits 2002 bezeichnete der damalige FBI-Chefermittler James JarboeOrganisationen wie die ELF vor dem US-Kongress als „ernsthafte terroristische Bedrohung“. Er lieferte auch die FBI-Definition von Öko-Terrorismus: „Gewaltanwendung krimineller Art gegen unschuldige Opfer oder deren Eigentum durch eine Umwelt-orientierte Gruppe aus umweltpolitischen Gründen, auch über das eigentliche Ziel hinaus und oft von symbolischer Natur.“
Die Aktionen der ELF passten genau in diese Beschreibung. Das FBI reagierte schließlich mit der „Operation Backfire“ und griff hart durch. Der Bezug zum Terrorismus wirkte sich auch auf die Gerichtsurteile aus und endete für die Angeklagten mit langen Haftstrafen, in einem Fall sogar bis zu 20 Jahren.
Terrorismus oder Panikmache?
Aktivisten wehren sich jedoch dagegen, mit Terroristen gleichgestellt zu werden: Die Ziele ihrer Anschläge seien keinesfalls unschuldig, sondern terrorisierten ihrerseits die Umwelt, so die verbreitete Auffassung. Die ihrer Ansicht nach übertriebene Vorgehensweise der Behörden fassen Umweltschützer unter dem Begriff „Green Scare“, in etwa „Grüne Panikmache“, zusammen. Angelehnt ist dies an die „Red Scare“ aus den 1960er Jahren, als mit zahlreichen Schreckensmeldungen die Jagd auf Kommunisten in den USA gerechtfertigt werden sollte.
Der Vorwurf der Umweltschützer: Die Regierung und die Ermittlungsbehörden überzeichnen die Aktionen und die Bedrohung durch die Umweltbewegung, um mit Zustimmung des eingeschüchterten Volkes härter vorgehen zu können. Darüber hinaus sollen die Verhafteten durch die Terrorismus-Vorwürfe massiv unter Druck gesetzt worden sein, ihre Mitstreiter zu verraten.
Ansgar Kretschmer
Stand: 31.10.2014