Der Kontrast könnte größer nicht sein: das moderne Bürogebäude der Max-Planck-Gesellschaft in München, das Tobias Deschner kurz vor seiner jüngsten Reise in die Elfenbeinküste zum ersten Mal besucht, und der Taï-Nationalpark, ein tropischer Regenwald, den er seit 13 Jahren kennt – und der ihm vertraut ist. Seine Koffer sind bereits gepackt, als er in der Münchner Zentrale über die Dreharbeiten im Dschungel berichtet.
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Zweieinhalb Jahre im Dschungel
Drei Stunden Matschstraße vom nächsten Dorf entfernt liegt das Camp der Max-Planck-Forscher. Das Disney-Team um Regisseur Alastair Fothergill und Kameramann Martyn Colbeck baute hier eine neue, komfortablere Hütte neben die der Wissenschaftler, zog mit 1.000 Kilogramm Ausrüstung, Matratzen, Moskitonetzen, Kerzen, Generatoren und vielen Kisten voller Lebensmittel ein. Zweieinhalb Jahre dauerten die Filmaufnahmen für „Schimpansen“ nahe der Forschungsstation, ein weiteres Team drehte in Ngogo im Kibale-Nationalpark in Uganda.
Fernab jeder Zivilisation trafen sie also aufeinander: die Wissenschaftler, die Tierfilmer und die Schimpansen, die von Anfang an den Ablauf bestimmten. „Die Schimpansen haben hier alle Namen und jeder eine eigenwillige Persönlichkeit“, sagt Deschner. Anfangs arbeitete der Dschungel gegen sie: Manche Tiere, die von Regisseur Fothergill und Max-Planck-Direktor Christophe Boesch „gecastet“ worden waren, schmähten die Kameras, wollten sich nicht filmen lassen. So die stolze Schimpansendame Sumatra eine Diva mit Starqualitäten, aber ohne Lust am Rummel um ihre Person. Häufig prasselte zudem Dauerregen auf die Gäste herab, dichte Vegetation und schwierige Lichtverhältnisse erschwerten die Drehs.
Früh aufstehen fürs Affentheater
Zugang zu den Tieren bekam das Filmteam über die Max-Planck-Wissenschaftler. Mit Stirnlampe machten sich diese vor Tagesanbruch auf den Weg, um die Schlafnester zu suchen. Über Walkie-Talkies hielten sie Kontakt zu den Kameraleuten und wiesen ihnen den Weg. Bis zu zwei Stunden wateten sie durch morastigen Boden, kletterten über gigantische Wurzeln und rissen sich an dornigen Palmen die Arme auf.
„Wer nicht ankommt, bevor die Schimpansengruppe aufwacht, hat schon verloren“, sagt Deschner. Denn wenn die Tiere erst nach Nahrung suchen, heißt es schnell sein. „Es ist eine Raserei von der Früh bis spät am Abend“, erzählt er. Dafür werde man mit „bestem Affentheater“ belohnt. Beim Zusammentreffen mit den Tieren gab es für das Filmteam strenge Regeln: kein Augenkontakt, keine schnellen Bewegungen, keine Gespräche oder gar Essen in ihrer Nähe, sieben Meter Abstand, Mundmaske zum Schutz der Affen vor menschlichen Krankheitserregern.
Barbara Abrell / Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Stand: 03.05.2013