„Ich wurde als Mensch geboren. Aber das war nur ein Versehen des Schicksals. Ich glaube, dies zu ändern, steht in unserer Macht.“ – Kevin Warwick, KI-Forscher an der Universität von Reading in England, hat die erste dieser „Änderungen“ bereits hinter sich: Im August 1998 ließ sich der Wissenschaftler einen Mikrochip in den Arm einpflanzen und machte damit den ersten Schritt auf dem Weg zu seinem Wunschziel – dem ersten menschlichen Cyborg.
Die Funktion des in Warwicks Körper integrierten Minicomputers beschränkte sich zunächst darauf, mit Sensoren in seiner Umgebung per Radiowellen in Verbindung zu treten. Betrat der Forscher sein Labor in der Universität oder seine Wohnung, öffneten sich wie durch Geisterhand Türen, schaltete sich das Licht ein oder startete der Computer. Gleichzeitig war der Forscher mithilfe seines Implantats jederzeit lokalisierbar.
Während viele seiner Kollegen den Sinn solcher Experimente in Frage stellen und die Aktion mehr als Publicityunternehmen, denn als wertvollen Forschungsbeitrag sehen, bedeuteten die zwei Wochen mit dem Implantat für Warwick eine umwälzende Erfahrung: „Schon nach zwei Tagen wurde das Implantat für mich Teil meines eigenen Körpers. Ich entwickelte eine starke emotionale Bindung zu meinem Computer. Als das Implantat wieder entfernt wurde, war ich vom medizinischen Standpunkt aus erleichtert, aber emotional zutiefst erschüttert – ich fühlte mich, als wäre ein guter Freund gestorben.“
Für den KI-Forscher war dieser unter die Haut implantierte Chip jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer echten Interaktion von menschlichen Nerven und Maschine. Schon zweieinhalb Jahre später, im März 2002, ließ er sich in einer zweistündigen Operation erneut einen Mikrochip einpflanzen, diesmal jedoch mit direkter Verbindung zu den Nervenfasern seines linken Arms. 100 winzige Elektroden zapften direkt die sensorischen und motorischen Leitungen seines Mediannervs an und übertrugen dessen Signale per Radiowellen an einen Computer.
Schema des neuen Implantats“Wenn dieser neue Chip arbeitet, werden wir die Signale meines Nervs abhören wie eine Telefonleitung. Wir werden die Signale, die mit bestimmten Bewegungen verknüpft sind, aufzeichnen und versuchen zuzuordnen. Als nächstes können wir dann diese Signale vom Computer aus wieder zurück an den Armnerv senden, und schauen, was geschieht“, erklärte Warwick kurz vor der Operation.
Gelingt es Warwick in seinem Experiment tatsächlich, den Nerv durch von außen zugeführte Signale so zu manipulieren, dass er gezielte Bewegungen der Hand auslöst, könnte dies langfristig auch den durch Rückenmarksverletzungen gelähmten Menschen zugute kommen. Warwick und seine Mitforscher sind optimistisch, mithilfe ihrer „Cyborg-Technologie“ hier einen entscheidenden Beitrag leisten zu können.
Nadja Podbregar
Stand: 20.05.2002