Alle 24,8 Stunden geht der Mond auf. Warum treten nun in dieser Zeit gleich zwei Fluten auf und nicht nur eine? Die dynamischen Bewegungen von Erde und Mond sind dafür verantwortlich. Eigentlich dreht sich der Mond nämlich nicht um die Erde, sondern beide schwingen um einen gemeinsamen Rotationsmittelpunkt, der etwa 4700 Kilometer vom Mittelpunkt der Erde entfernt auf der mondzugewandten Seite liegt.
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Eine bestimmte Stelle auf der Erdoberfläche »eiert« also um diesen Punkt und dreht sich nicht exakt um den Erdmittelpunkt. Diese Stelle ist daher auch einmal näher an der Rotationsmitte und dann wieder weiter entfernt, die Fliehkräfte, die auf sie wirken, ändern sich ständig. Diese Kraft erzeugt auf der dem Mond abgewandten Seite einen Flutberg. Der zweite Flutberg entsteht auf der mondzugewandten Seite.
Die Anziehungskraft des Erdtrabanten, der etwa ein 82stel der Masse der Erde hat, zieht an der Erdoberfläche. Das leicht verschiebbare Wasser wird sowohl durch die Fliehkraft als auch durch die Anziehungskraft des Mondes stark gehoben – bis zu 15 Meter hoch kann eine Flutwelle in Küstennähe sein -, auch der starre Landkörper bleibt nicht verschont: Der Höhenunter-schied zwischen »Ebbe« und »Flut« an Land beträgt jedoch nur bis zu 40 Zentimeter.
Kräftespiel der Gravitation
Bei Voll- und Neumond sind die Gezeiten unterschiedlich stark ausgeprägt. Zusätzlich zur Anziehungskraft des Mondes wirkt nämlich auch die Gravitation der Sonne auf die Erde. Sie macht jedoch nur etwa ein Fünftel der Gesamtkraft aus. Bei Vollmond – Sonne und Mond stehen in Opposition – schwächen die beiden Kräfte sich gegenseitig ab, Ebbe und Flut sind wenig ausgeprägt. Bei Neumond stehen Sonne und Mond auf der selben »Seite« der Erde, die beiden Kräfte addieren sich, in Küstennähe ist nun die Zeit der besonders starken Springflut gekommen.
Die Anziehungskraft des Mondes beziehungsweise die Fliehkraft wirken nicht nur auf die Erdoberfläche und das Meer, auch Lebewesen werden stärker »angezogen«, wenn Flut herrscht: Ein Mensch, der etwa 65 Kilogramm wiegt, wird vom Mond durchschnittlich um ein fünftel Milligramm »erleichtert« – das ist nicht besonders viel. Und der Unterschied der Anziehungskraft des Mondes bei Voll- und bei Neumond ist noch geringer. Ob so klei-ne Gewichtsveränderungen den Organismus und das Gefühlsleben eines Menschen stark beeinflussen können, ist fraglich.
Stand: 01.12.2006