Wenn die Forscher aus ihren aufgezeichneten Laufdaten Punktlicht-Displays generieren und sie dann Testpersonen auf dem Monitor vorspielen, erkennen diese in drei Vierteln der Fälle das Geschlecht der laufenden Figuren. Die Trefferquote hängt davon ab, aus welcher Richtung die Person gezeigt wird. Die beste Erkennungsleistung gibt es bei Frontalansichten.
Offenbar enthält die Frontalansicht geschlechtsspezifische, diagnostische Merkmale, die aus anderen Blickwinkeln schlechter zu sehen sind. Doch was sind das für Merkmale?
Mit weiteren psychophysischen Experimenten gehen die Forscher dieser Frage auf den Grund. Dazu zerlegen sie die Bewegungen zunächst in ihre Bestandteile und setzten sie dann künstlich wieder so zusammen, dass nur noch bestimmte Teile der Gesamtinformation ihre Geschlechtsspezifität behalten, andere aber geschlechtsneutral werden. Wenn eine solche Manipulation die Erkennungsleistung nicht beeinflusst, dann ist der Teil der Information, den die Beobachter nicht gesehen haben, offenbar nicht relevant. Kann die Testpersonen das Geschlecht nicht mehr identifizieren, dann wurde offenbar ein sensibler Teil der geschlechtsspezifischen Information verletzt.
So wird die Gesamtinformation auf unterschiedliche Art und Weise in ihre Einzelteile zerlegt. Zunächst wird zwischen struktureller und dynamischer Information unterschieden. Obwohl die Punktlicht-Displays nur dann Information preisgeben, wenn sich die Punkte auch bewegen, so ist diese doch nicht nur reine Bewegungsinformation. Mit der Bewegung der Punkte wird auch die Geometrie des Körpers sichtbar und damit strukturelle Merkmale wie Schulterbreite oder Beinlänge. Obwohl durch Bewegung vermittelt, ist dies doch strukturelle und keine dynamische Information.
Daher generieren die Forscher Punktlicht-Displays, bei denen die strukturellen Daten jedes einzelnen Läufers durch den Mittelwert aus allen männlichen und weiblichen Läufern ersetzt wird. Erkennen die Probanden bei diesen „struktur- normalisierten“ Läufern noch das Geschlecht, so können sie dafür nur rein dynamische Information verwendet haben. Analog konstruieren die Wissenschaftler Punktlicht-Displays, bei denen jeder Läufer mit seiner individuellen Struktur gezeigt wird, aber bezüglich aller dynamischen Merkmale „normalisiert“ wurde. Die bisherigen Tests haben gezeigt, dass die dynamischen Anteile der Gesamtinformation bei weitem mehr zur Geschlechtererkennung beitragen als die strukturellen.
Stand: 11.06.2004