Oft wird das Mittelalter auch als aetas obscura – als dunkles Zeitalter bezeichnet. Viele Historiker beziehen sich damit auf die in weiten Teilen vorherrschenden, gegenüber Wissenschaft und Fortschritt restriktiv eingestellten Lehren der römisch- katholischen Kirche. Diese prägte die Epoche nicht nur in religiöser Hinsicht, sondern reichte in alle Bereiche des Lebens hinein. Wissenschaftlern, die nicht im Sinne der Religion forschten oder für die Kirche vermeintlich gefährliche Studien betrieben, wurden nicht selten als Ketzer gebrandmarkt und in ihren Untersuchungen gehindert oder bedroht. Die kirchliche Institution sah in den Wissenschaften als aufklärende Bewegungen eine Bedrohung der eigenen Vorherrschaft. Das christlich-biblische Welt- und Menschenbild sollte nicht durch neue, andersartige oder gar widersprüchliche Erkenntnisse gefährdet werden.
Zudem war die mittelalterliche Gesellschaft geprägt von einem starken Ständesystem. Nur ein kleiner Personenkreis konnte lesen und schreiben, selbst Adlige waren dieser Kunst oft nicht mächtig. Dies war der Geistlichkeit vorbehalten, die naturgemäß auch Latein, die damalige Wissenschaftssprache, beherrschte. Das nicht-geistliche gemeine Volk war somit vom Wissenszugang, ob theologischer oder anderer Natur abgeschnitten. Selbst Gottesdienste und Messen wurden – für den Bürger unverständlich – in lateinischer Sprache abgehalten. Dies trug auch dazu bei, dass die katholische Kirche ihre Machtposition über einen langen Zeitraum aufrechterhalten konnte und von Rom große Teile Europas beeinflusste.
Klöster als Refugien des Wissens
Begibt man sich auf die Suche nach weiblichen Wissenschaftlern aus dieser Zeit, fällt auf, dass für den Zeitraum zwischen etwa 500 und 1.500 nach Christus sehr wenige weibliche Namen zu finden sind. Sicher liegt dies auch an den grundsätzlichen Einschränkungen der Wissenschaften in diesem Zeitraum. Doch die Klöster, die damals den einzigen Zugang zu höherer Bildung gewährleisteten, boten sowohl Männern als auch Frauen diese Möglichkeit. Die dort lebenden Nonnen und Mönche konnten Lesen, Schreiben und Latein lernen und erhielten Zugang zu sämtlichen wissenschaftlichen und theologischen Werken.
Warum allerdings dennoch kaum Werke weiblicher Theologen bekannt sind, ist nicht abschließend geklärt. Es hängt jedoch vermutlich mit dem im Klerus vorherrschenden Bild der gegenüber dem Mann minderwertigen Frau zusammen. Dieses speiste sich nicht zuletzt aus der biblischen Vertreibung aus dem Paradies, wobei Eva als Sinnbild für die moralisch schwache Frau stand. So wurden etwaige Arbeiten weiblicher Gelehrter vermutlich auch deshalb nicht ernstgenommen oder beachtet und somit gar nicht erst gedruckt oder kopiert.
Für eine prominente Ausnahme schien dies allerdings nicht zu gelten….
Kathrin Bernard
Stand: 07.12.2012