Am Anfang eines Mordfalls steht klassischerweise eine Leiche. Der Fall „Dinokiller“ beginnt allerdings eher mit dem Gegenteil: der verdächtigen Abwesenheit von Leichen beziehungsweise deren Fossilien.
Brüche statt Übergänge
Schon im frühen 19. Jahrhundert fällt den Geologen ein ungewöhnliches Phänomen auf: Während normalerweise benachbarte Schichten nur allmähliche Unterschiede aufwiesen, gibt es zu bestimmten Zeiten deutliche Brüche in der Fossilienzusammensetzung. Urplötzlich – zumindest nach geologischen Maßstäben – verschwanden ganze Tiergruppen, um kurz darauf durch komplett andere ersetzt zu werden.
Von graduellen Übergängen, wie sie die Evolutionstheorie eigentlich nahelegte, keine Spur. Mehr als hundert Jahre lang hofft man, doch noch irgendwo auf der Erde entsprechende Übergangsformationen für diese Zeitabschnitte zu entdecken. Doch das Gegenteil ist der Fall. Stattdessen spricht alles dafür, dass das irdische Leben im Laufe der Erdgeschichte gleich mehrfach knapp einem kompletten Aussterben entgangen ist.
Seltsam abrupte Grenze
Besonders einer dieser auffälligen Brüche findet sich immer wieder rund um den Globus: ein abrupter Wandel in Gestein, das vor 65 Millionen Jahren entstanden war. Während davor die Gruppe der Saurier zu Land, zu Wasser und in der Luft absolut dominierte, schienen die Riesenechsen danach wie von Erdboden verschluckt. Nicht der kleinste Knochen oder Fußabdruck ist nach dem Ende der Kreidezeit, vor 65 Millionen Jahren, noch zu finden.
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Und noch etwas ist auffällig: In mehr als hundert Fundstellen weltweit markiert eine dünne Tonschicht genau den Übergang zwischen den beiden Epochen Kreide und Tertiär (heute Paläogen). Wie ein dunkler Schnitt erstreckt sie sich zwischen den darüber und darunter liegenden hellen Kalksteinschichten. „Die K/T-Grenze sticht immer heraus. Man kann mit einer Messerspitze darauf zeigen und sagen: ‚Das ist die Grenze’“ erklärt der Geologe Jan Smit von der Freien Universität Amsterdam. „Das ist einzigartig, denn in keinem anderen Fall früher oder später in der Erdgeschichte kann man wirklich sagen: ‚OK, das ist es’.“
Vorher – nachher auch im Foraminiferenkalk
Typisch für den abrupten Übergang zwischen Kreidezeit und Paläogen ist nicht nur die dünne, dunkle Tonschicht im Gestein. Auch die vor und nach dem Grenzton abgelagerten Kalkschichten geben einen klaren Hinweis, darauf, dass sich damals die urzeitliche Umwelt dramatisch änderte. Sie bestehen aus den Schalen von Foraminiferen, winzigen Einzellern, die millionenfach im Plankton der damaligen Meere schwebten.
Und ihre Zusammensetzung änderte sich radikal und sehr plötzlich. „Man konnte deutlich drei Phasen erkennen: Erst ändert sich nicht viel außer den normalen, allmählichen Variationen“, berichtet Smit. „Dann – zack – alles weg. Die Tonschicht ist schwarz, kohlenstoffreich und sehr sauerstoffarm. Erst danach kehren langsam wieder Foraminiferen zurück – aber andere als zuvor.“
Nadja Podbregar
Stand: 11.09.2015