Der Start der Mission Mars Express am 2. Juni 2003 ist ein historisches Ereignis gleich in zweierlei Hinsicht: Zum ersten Mal in der Geschichte der Raumfahrt starten die Europäer eine eigene Mission zu einem anderen Planeten des Sonnensystems. Und zum ersten Mal seit 25 Jahren wird eine Sonde die Aufgabe haben, primär nach Spuren des Lebens auf dem Mars zu suchen.
Zwar waren bislang europäische Technologie und Wissenschaftler an zahlreichen Missionen der NASA und auch der russischen Raumfahrtbehörde beteiligt, niemals zuvor aber waren alle Abläufe von der ersten Planung, über Entwicklung und Bau der Sonden bis hin zur Ausführung der Mission selbst komplett in europäischer Hand.
Die aus zwei Sonden, einem Orbiter und einem Lander bestehende Mission soll aber, so betonen ESA-Verantwortliche, keine Konkurrenzveranstaltung zu den Aktionen der NASA oder anderer Raumfahrtnationen sein, sondern eine wertvolle Ergänzung zum internationalen Marsforschungsprogramm.
Suche nach Leben
Die Landesonde Beagle 2 wird erstmals seit Landung der beiden Viking-Sonden in den 1970er Jahren die Oberfläche und den Untergrund des Roten Planeten nach Spuren gegenwärtigen und vergangenen Lebens absuchen. Sie ist nach dem Schiff benannt, auf dem Darwin wichtige Teile seiner Evolutionstheorie entwickelte und formulierte.
Während jedoch die Viking-Sonden nur einige wenige biologisch-chemische Untersuchungen durchführen konnten, ist Beagle 2 gleich mit einer ganzen Batterie von verschiedensten Tests und Instrumenten ausgerüstet. Neben diversen Kameras und einer kleinen Wetterstation sind es vor allem seine „Nase“ und sein Begleiter „Pluto“, die gezielt nach Lebensspuren suchen werden.
Mithilfe seiner „Nase“, einem hochempfindlichen Gasanalysepaket, soll Beagle 2 die marsianischen Gesteine und die Atmosphäre nach Spuren von verräterischen Gasen wie beispielsweise Methan abschnüffeln. Sie gelten als wichtige Indizien für Leben, da sie nur von lebenden Wesen produziert werden können. In speziellen Testkammern werden gesammelte Gesteinsproben erhitzt und mittels Massenspektrometer auf ihre Zusammensetzung hin untersucht.
Doch Beagle 2 kann auch unter der Oberfläche oder an der Unterseite von Gesteinen nach Leben suchen, dort, wo die harten UV-Strahlen der Sonne und die oxidierende Atmosphäre des Mars ihre sterilisierende Wirkung nicht entfalten können. Dazu dient zum einen ein am Roboterarm des Landers befestigtes kleines Bohrwerkzeug mitsamt Mikroskop, zum anderen aber „Pluto“, eine Art angeleinter Sammel- und Bohrroboter. Er kann sich kurze Distanz vom Lander weg bewegen und Proben aus bis zu zwei Meter tiefe aus dem Untergrund erbohren und sie zur Analyse zum Lander zurückbringen.
In Untergrund und Atmosphäre
Doch auch der Orbiter Mars Express hat neben seiner Funktion als Kommunikationsrelais und „Packesel“ für den Beagle 2 eigene wissenschaftliche Aufgaben. Dazu gehört vor allem die Erforschung und Suche nach marsianischem Wasser im Untergrund, aber auch die Kartierung und Erkundung von Atmosphäre und Oberfläche.
Mithilfe des Radarsystems MARSIS kann Mars Express in den Untergrund blicken und soll so die Struktur der oberen Krustenschichten des Mars – und das eventuelle Vorhandensein von Wasser – erkunden. Eine hochauflösende spektroskopische Kamera (HRSC) dient der Kartierung der gesamten Marsoberläche in farbigen, stereoskopischen Aufnahmen in einer Auflösung von 10 x 30 Metern. In dieser Auflösung kann die Kamera sogar noch den kleinen Beagle 2 Lander am Boden ausfindig machen.
Ein Infrarot-Spektrometer soll gleichzeitig die genaue Zusammensetzung der Marsoberfläche analysieren und aus diesen Daten eine Karte erstellen. Die Frage, warum die Marsatmosphäre so stark oxidierend wirkt, sollen unter anderem das UV-Infrarot-Spektrometer SPICAM und ein Fourier Spektrometer aufklären.
Zusätzlich führt Mars Express auch Messungen von Magnetfeld und Schwerkraft des Planeten durch und beobachtet die Interaktion der Marsatmophäre mit dem Sonnenwind. Bei letzterem sollen sich später die Daten von Mars Express und der japanischen Sonde Nozomi gegenseitig ergänzen.
Stand: 20.12.2003