Die Physik macht ihrem Ruf als exakte Wissenschaft alle Ehre – zumindest in Bezug auf die Nobelpreise. Denn komplett falsch lagen die Preisträger hier fast nie. Es gibt aber zumindest einen Fall von richtiger Methode mit falscher Schlussfolgerung und ein sich kurios ergänzendes Vater-Sohn-Paar.
Fermi entdeckt das „Hesperium“
Einer dieser Fälle ist der Physiker Enrico Fermi, bekannt geworden vor allem durch seine Mitarbeit an der Entwicklung der ersten Atombombe. Er erhielt 1938 den Physik-Nobelpreis für Experimente, die belegten, dass beim Beschuss schwerer Elemente mit Neutronen neue radioaktive Elemente erzeugt werden.
Prinzipiell stimmt das auch. Denn der Beschuss verursacht eine Kernspaltung und es entstehen beispielsweise aus Uran leichtere Zerfallsprodukte. Fermi jedoch glaubte, er hätte auf diese Weise ganz neue, schwerere Elemente erzeugt. 1934 publizierte er gemeinsam mit Kollegen von der Universität Rom einen Fachartikel, in dem er die Entdeckung des durch Neutronenbeschuss von Thorium und Uran erzeugten neuen Elements „Hesperium“ mit der Ordnungszahl 94 verkündete.
Dummerweise lag er damit komplett falsch: Es gibt zwar ein Element 94, Plutonium, was auch einige Jahre später entdeckt wurde. Dieses war aber bei Fermis Versuchen nicht entstanden. Stattdessen produzierte sein Neutronenbeschuss nur eine Mischung leichterer Elemente, darunter Barium und das Edelgas Krypton. In seiner Nobelpreisrede räumte Fermi diesen Fehler dann auch ein – den Preis durfte er aber trotzdem behalten.
Teilchen und/oder Welle?
Ein bemerkenswerter Fall von „ein bisschen richtig“ sind die beiden Physik-Nobelpreise für Joseph John und George Thomson – Vater und Sohn. Sie gleichen fast schon den sprichwörtlichen Blinden die beim Abtasten eines Elefanten mal einen Wurm und mal einen Baum zu erkennen glauben.
Der Vater Joseph Thomson erhielt den Preis 1906 für die Entdeckung des Elektrons – eines ersten subatomaren Teilchens. Schon in den 1830er Jahren hatten Physiker vermutet, dass Elektrizität durch kleinste geladene Einheiten transportiert wird. Thomson lieferte mit Experimenten elektrisch geladener Gase den Beweis für die Teilchennatur dieser Einheiten.
Sein Sohn, George Paget Thomson, bekam seinen Nobelpreis 1937 kurioserweise für scheinbar das genaue Gegenteil: Er bewies, dass Elektronen sich wie eine Welle verhalten. Gemeinsam mit Clinton Davisson demonstrierte er im Experiment, wie Elektronenstrahlen an einem Kristallgitter gebeugt werden – etwas, das als typisch für Strahlung gilt. Heute weiß man, dass beide vollkommen richtig lagen: Dank des Welle-Teilchen-Dualismus verhalten sich Elektronen sowohl wie ein Teilchen als auch wie eine Welle.
Nadja Podbregar