Ob steile Klippen, urzeitliche Flussbetten oder marsianische Wanderdünen: Die Aufnahmen der High Resolution Stereo Camera (HRSC) sind ikonisch. Kein anderes Instrument hat uns die faszinierenden Landschaften des Mars so nahegebracht wie diese Kamera der Mars-Express-Sonde. Sie ist die erste, die eine Planetenoberfläche in so hoher Auflösung dreidimensional, in Farbe und multispektral abbilden kann – und die noch dazu über eine Art Lupe für besondere Nahaufnahmen verfügt.
Zeilenweise und versetzt abgerastert
Ihre besonderen Fähigkeiten hat die am DLR-Institut für Planetenforschung entwickelte HRSC ihrer Sensortechnologie zu verdanken. Anders als bei einer normalen Digitalkamera zeichnet ihr Stereokopf das Gesehene nicht flächig auf, sondern tastet die Marsoberfläche zeilenweise ab. Dies geschieht über neun CCD-Zeilensensoren, die hinter einem Linsenobjektiv mit 150 Millimetern Brennweite nebeneinander angeordnet sind. Fünf dieser Sensoren liefern nur Helligkeitsinformationen, die vier restlichen zeichnen nur bestimmte Wellenlängenbereiche auf und liefern daher multispektrale Farbinformationen: Rot Grün, Blau und Nahinfrarot.
Soll nun ein bestimmter Ausschnitt der Marsoberfläche aufgenommen werden, geschieht dies nach dem Scanner-Prinzip: Die Sensoren rastern den gewünschten Ausschnitt zeilenweise ab. Weil sich ihr Blickwinkel dabei leicht unterscheidet, zeichnet jeder Sensor ein leicht parallaxenverschobenes Bild auf. Werden diese Informationen miteinander verrechnet, liefern sie räumliche Tiefeninformationen und es entsteht ein dreidimensionales Bild. Für diese 3D-Aufnahmen werden die Daten der fünf Helligkeitssensoren verwendet, die vier anderen ergänzen die Farbinformationen oder liefern Daten im Nahinfrarot.
Fünf verschiedene Blickwinkel auf einmal
„Zum ersten Mal konnten wir den Mars dadurch räumlich – dreidimensional – sehen“, sagt Projektleiter Ralf Jaumann vom DLR. Der große Vorteil: Weil die verschiedenen Blickwinkel gleichzeitig und unter gleichen Bedingungen aufgenommen werden, ermöglichen sie eine photogrammetrische Auswertung – und damit eine genaue topografische Kartierung der Marsoberfläche. Zwar liefern auch Laser-Altimeter an Bord anderer Marssonden hochpräzise Höhendaten, ihre Auflösung in horizontaler Richtung und ihre Abdeckung der Marsoberfläche ist jedoch meist deutlich geringer.
Die räumliche Auflösung der von der HRSC erstellten Aufnahmen variiert mit dem Abstand der Raumsonde von der Marsoberfläche. Am marsnächsten Punkt ihrer Umlaufbahn erreichen die Zeilensensoren eine Auflösung von rund zwölf Metern pro Pixel, am fernsten Punkt sind es rund 30 Meter. Mit jedem Überflug kann Mars Express zudem einen 52 Kilometer breiten Streifen der Marsoberfläche abscannen. Diese an die Bodenstation übermittelten Daten werden dann dort Stück für die Stück zusammengefügt und liefern dann die dreidimensionalen Ansichten vom Mars.
Anblicke wie vor Ort
„Wir können die gesamte Topografie beinahe so sehen, als würden wir vor Ort auf dem Mars stehen“, sagt Jaumann. Dadurch lassen sich wichtige Fragen zur marsianischen Geologie und Landschaft klären: Welche Neigung hat ein Hang? Wie dick ist die Lavaschicht? Und wie tief ist eine Schlucht? Zusammen mit den Daten der Laseraltimeter haben Planetenforscher aus den Daten der HRSC-Kamera inzwischen hochgenaue digitale Geländemodelle des Mars erstellt – gewissermaßen eine globale Wanderkarte für den Roten Planeten.
Als besonderen Bonus besitzt die Kamera der Mars-Express-Sonde zusätzlich eine ultrahochauflösende „Lupe“. Dieser Super Resolution Channel (SRC) besteht aus einem Spiegelteleskop-Objektiv mit einem Meter Brennweite und einem CCD Flächensensor mit 1.024 mal 1.024 Pixeln. Er erreicht dabei eine Auflösung von 2,3 Metern pro Bildpunkt – genug, um selbst größere Felsbrocken oder Schichtabfolgen an einer marsianischen Steilkante im Detail zu zeigen.