Wir Menschen sind nicht nur imstande, Symmetrie zu erkennen, wenn sie uns begegnet, wir empfinden sie auch instinktiv als schön und harmonisch. Der Naturforscher Herrmann Weyl beschreibt es als „etwas Wohlproportioniertes, Ausbalanciertes; Symmetrie bezeichnet die Übereinstimmung mehrerer Teile, die sie zu einem Ganzen werden lässt. Schönheit ist mit Symmetrie verknüpft…“
Und diese Verknüpfung gilt keineswegs nur in unserem Kulturkreis, sondern begegnet uns weltweit – in den pyramidenförmigen Bauten der Ägypter, den symmetrischen Körperbemalungen der Massai oder den Sandbildern der Aborigines. Auch unsere frühen Vorfahren haben schon Tongefäße mit symmetrischen Ornamenten verziert – und sie damit in ihren Augen offensichtlich verschönert. Die Gleichsetzung von Symmetrie und Schönheit scheint demnach weniger dem Verstand oder einer erlernten kulturellen Tradition zu entspringen, als vielmehr vom Gefühl bestimmt zu werden.
Studien zeigen, dass schon neugeborene Säuglinge eine ausgeprägte Vorliebe für symmetrische Formen zeigen: Haben sie die Wahl zwischen einem Schachbrettmuster oder konzentrischen Kreisen und einfachen, nicht symmetrischen Formen, fesseln die Symmetrien ihre Aufmerksamkeit deutlich länger. Sie reagieren auf stilisierte Gesichter dann am stärksten, wenn diese symmetrisch sind. Doch warum?
Diese Frage stellten sich auch der Biologe Randy Thornhill und der Psychologe Steven Gangestad. In Untersuchungen über das Paarungsverhalten von Skorpionsfliegen hatte Thornhill bereits früher festgestellt, dass die weiblichen Fliegen Männchen mit symmetrischen Flügeln bevorzugten. Nun wollten er und sein Kollege wissen, ob die Bilateralsymmetrie auch bei menschlicher Attraktivität eine Rolle spielen könnte. Sie führten einen Versuch durch, bei dem sie männliche und weibliche Studenten der Universität Wien baten, eine Reihe von Portraits nach deren Attraktivität einzustufen. (Testen Sie selbst hier oder hier)
Anhand der Anordnung bestimmter hervorstechender Gesichtsmerkmale wie Augenabstand, Lage und Verlauf der Wangenknochen, Lippenform, Kinnrundung maßen die Forscher anschließend aus, wie symmetrisch die in den Portraits abgebildeten Gesichter waren. Es zeigte sich, dass nahezu in allen Fällen die symmetrischsten Gesichter auch als die attraktivsten eingestuft worden waren. Doch woher kommt diese Gleichsetzung von Schönheit und Symmetrie?
Stand: 14.11.2001