Der Süden Guayanas ist nicht der einzige Ort, an dem Forscher, Eroberer und Gelehrte nach dem sagenhaften El Dorado gesucht haben. Denn auch im Hochland Kolumbiens finden die spanischen Konquistadoren auffallend viele kunstvolle Goldgegenstände. Sollte vielleicht hier das Goldland liegen?
Quesada entdeckt die Muisca
Einer der ersten, die dieser Spur nachgehen, ist der Konquistador Jiminez de Quesada. 1537 dringt er, begleitet von seinem Bruder und 900 Männern, als einer der ersten Spanier in die östlichen Andenregionen vor. Unweit des heutigen Bogota stößt er auf Einheimische, die offenbar einem größeren Reich angehören – und Goldschmuck von besonderer Kunstfertigkeit besitzen. Nicht einmal aus Europa ist eine solche handwerkliche Kunst bekannt.
Quesada hat das Territorium der Muisca-Föderation erreicht – einer der vier großen Hochkulturen des alten Südamerika. Obwohl die Muisca- Zivilisation heute weit weniger bekannt ist als die der Inka, Maya oder Azteken, bildete sie Jahrhunderte lang einen der größten und am besten organisierten Stammesverbände in ganz Südamerika. Mehr als eine Million Menschen könnten zur Zeit der Konquistadoren dieser Föderation im Hochland Kolumbiens angehört haben.
Smaragde, Salz und Gold
Könnte dies das sagenhafte Goldland El Dorado sein? Tatsächlich verfügen die Muisca über reiche Bodenschätze, vor allem Salz, Kohle und Smaragde. Diese nutzen sie als Handelsware und tauschen einen großen Teil davon gegen Gold ein, das in ihrem eigenen Territorium weniger reichlich vorkommt als bei ihren Nachbarn.
Dieses Gold verwenden die Muisca, um eine spezielle Legierung aus Gold, Silber und Kupfer herzustellen, Tumbaga genannt. Aus dieser Goldlegierung fertigen sie unzählige kunstvolle Objekte, meist flache, mit Figuren und anderen Motiven verzierte Scheiben, aber auch Statuen oder Gefäße. Gegossen werden diese Objekte mithilfe von Wachsmodellen, die mit Ton umhüllt und dann erhitzt werden. Das Wachs fließt dadurch aus und in den entstandenen Hohlraum wird die glutflüssige Goldlegierung gegossen.
Zu Ehren der Götter
Doch so kunstvoll und einzigartig diese Goldobjekte sind – sie dienen größtenteils nur einem Zweck: Sie sind für die Götter der Muisca bestimmt. „Meines Wissens nach gab es keine andere Gesellschaft, die mehr als die Hälfte ihrer Goldproduktion für Opfergaben nutze“, erklärte der Archäologe Roberto Lleras Perez gegenüber der BBC. „Das ist meiner Ansicht nach ziemlich einzigartig.“
Bei den spanischen Konquistadoren allerdings weckt dies weniger Bewunderung als vielmehr einen wahren Goldrausch. Sie erobern und zerschlagen die Muisca-Föderation und rauben so viel Gold, wie sie bekommen können. Doch so reich ihre Beute auch ist – eine Goldstadt und vor allem deren goldbedeckten Herrscher finden sie nicht.
Waren auch die Muisca eine falsche Fährte?