Umwelt

Das große Sediment-Förderband

Flüsse als landschaftsformende Naturgewalten

Flüsse sind die Förderbänder der Erde; sie bewegen Material aus den Erosionsgebieten in den Gebirgen zu den Ablagerungsgebieten in den Ozeanen. Jährlich verlagern Flüsse weltweit etwa 24 Milliarden Tonnen Geröll, Sand und Feinmaterial. Das entspricht einem Güterzug, der insgesamt 250-mal um die Erde reicht.

Gebirgslandschaften
Gebirgsflüsse können spektakuläre Landschaften formen. © D. Scherler, GFZ /CC-by-sa 4.0

Die Geburt der Schluchten

Bei der Umlagerung des Sediments lässt die Architektin Wasser Flüsse sowohl ihr eigenes Bett als auch die umliegende Landschaft formen. Flüsse passen ihre Neigung und Breite so an, dass an jedem Punkt genauso viel Wasser und Sediment transportiert werden kann, wie flussaufwärts angeliefert wird.

In Gebirgen dominieren vor allem Felsgerinne mit nur wenig mobilen Gesteinspartikeln. Hier führt die Sedimentbewegung zu Millionen kleiner Einschläge auf das Festgestein. Durch die Erosion entstehen Schluchten, manchmal hunderte Meter tief. Damit präpariert die Einschneidung Steilhänge und starke Höhenunterschiede über kurze Distanzen heraus und hilft, die spektakulären Landschaften der Gebirge zu formen. Das GFZ erforscht, wie sich Flüsse in Festgestein einschneiden und welche Landschaftsformen dabei entstehen können.

Schlingen über Schlingen

Im flacheren Gelände hingegen dominieren Fließgewässer, die sich durch die losen Sedimente schlängeln, die sie in früherer Zeit selbst dort abgelagert haben. Über Zeiträume von mehreren Jahrhunderten tragen Flüsse ihre eigenen Sedimente an der einen Stelle ab und lagern sie an einer anderen Stelle wieder an. Sie planieren hier die Landschaft und gleichen jegliche Höhenunterschiede immer wieder aus.

Mäander
In flachen Schwemmebenen entstehen häufig Mäander mit zahlreichen Flussschlingen. © Alexandr Sipetyy/ Getty Images

So entstehen flache Schwemmebenen, wie zum Beispiel im unteren Elbtal. Es sind jene Landschaftsbereiche, in denen Flüsse in breiten Schlingen, den sogenannten Mäandern, meist gemächlich dahinfließen und durch ihre Breite oft das dominierende Landschaftselement sind. Verringert sich jedoch die Sedimentzufuhr, zeigt der Fluss seine erosive Kraft und nimmt Material aus seinem Bett auf. So können wieder enge Flusstäler inmitten der Ebene entstehen.

Durch Flüsse als Werkzeuge kann die Architektin Wasser also sowohl komplexe Gebirgslandschaften mit tiefen Schluchten und steilen Wänden als auch flache, breite Ebenen erschaffen. Forschende am GFZ untersuchen diese Prozesse in Flüssen und wie sie Nährstoffe und Sedimente mit den Schwemmebenen austauschen.

Fingerabdrücke der Vergangenheit

Die Erosion von Hängen und der Transport dieses Materials durch Flüsse wird massiv von Klimaveränderungen beeinflusst. Anders herum zeugen diese Landschaftsmerkmale von ehemaligen Klimabedingungen und erlauben Rückschlüsse auf die Zustände der Vergangenheit. Zum Beispiel kann ein Fluss in einem sich wandelnden Klima zwischen Einschneidung und Planierung hin- und herschwanken.

Rheintal
Die tiefen Schluchten des Rheintals zeugen von seiner geologischen Vergangenheit. © vidalidali/ iStock

Diese Spuren des Wassers erlauben es, die Rahmenbedingungen der ehemaligen Landschaftsformung zu entschlüsseln. Generell führt mehr Niederschlag zu effektiverer Erosion. Flussterrassen auf der ganzen Welt sind eindrückliche Zeugen dieses Zusammenhangs: In feuchteren Zeiten führten hohe Sedimenteinträge oftmals zur Überlastung, wodurch ein Fluss Sedimente im Tal ablagert. Mit dem Umschwung zu trockeneren Zeiten geht der Sedimenteintrag zurück, der Fluss kann wieder mehr Material aufnehmen und sich in die abgelagerten Sedimente einschneiden.

Auf diese Weise entsteht eine Flussterrasse. Finden sich mehrere ineinander verschachtelte Terrassen, deren Alter sich bestimmen lässt, dann erhält man den Fingerabdruck vergangener
Landschaftsveränderungen in Form von Terrassen.

Wechselwirkungen sind komplex

Dieser Zusammenhang zwischen höheren Niederschlägen und schnellerer Erosion gilt aber nur, solange sich nicht auch andere Landschaftseigenschaften ändern. Beispielsweise kann die Abtragung von Böden zur Freilegung von widerstandsfähigem Grundgestein führen, welches trotz anhaltend hoher Niederschläge nur langsam erodiert werden kann.

Ebenso kann das Wachstum einer dichten Vegetation als Reaktion auf höhere Niederschläge die Hangerosion verringern oder die Zerstörung der Vegetation der Erosion einen unaufhaltsamen Impuls geben. Über längere Zeiträume stößt der Einfluss des Klimawandels auf die Erosionsraten jedoch an eine Grenze: Schnellere Erosion führt zu niedrigeren Berghängen, was wiederum die Erosionsraten verlangsamt.

Damit verkompliziert sich das einfache Bild der Terrassenentstehung erheblich. Diese Zusammenhänge werden von Forschenden am GFZ in unterschiedlichen Klimazonen Chiles sowie in der Savanne Ostafrikas untersucht.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wasser als Architektin der Landschaft
Wie der Kreislauf des Wassers die Erde formt

Der Kreislauf des Wassers
Grundlage für das Leben auf der Erde

Von Gipfeln und Niederschlägen
Tektonische Hebung versus Erosion

Das große Sediment-Förderband
Flüsse als landschaftsformende Naturgewalten

Rohling Küste
Wie Wellen und Co Küstengebiete formen

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