Mit der Entdeckung der K/T-Grenze und dem zeitgleichen Ende der Dinosaurier und unzähliger anderer Tier- und Pflanzenarten ist das Opfer im Fall „Dinokiller“ gefunden. Aber wer war der Täter? Indizien dafür, so viel ist schon damals klar, verstecken sich am ehesten in der seltsam scharf abgegrenzte K/T-Grenze im Gestein.
War sie das Ergebnis eines kurzzeitigen, dramatischen Ereignisses, wie es auf den ersten Blick schien? Oder ist die Grenzschicht vielleicht doch langsam im Laufe von Jahrmillionen entstanden und wurde erst später so stark zusammengedrückt?
Spurensuche in Gubbio
Genau das will der US-Geologe Walter Alvarez herausfinden – mit „kosmischer Hilfe“. Er untersucht Ende der 1970er Jahre Proben dieses Grenztons aus einem geologischen Aufschluss nahe der mittelitalienischen Stadt Gubbio auf den Gehalt eines bestimmten Edelmetalls, Iridium. Dieses Metall kommt auf der Erde extrem selten vor, ist aber im Weltall wesentlich häufiger. Es findet sich in vielen Asteroiden, aber auch in dem feinen Weltraumstaub, der ständig auf die Erde rieselt.
Alvarez Idee: Aus der Konzentration des Iridiums in der Grenzschicht könnte man vielleicht ermitteln, wie lange der Ton gebraucht hatte, um sich abzusetzen. „Da wir die Rate kennen, mit der extraterrestrisches Material jedes Jahr auf die Erde regnet, dachte ich, dass wir über die Konzentration des Iridiums in den Sedimentablagerungen auch feststellen könnten, welche Zeitperiode diese Tonschicht repräsentierte“, erklärt Alvarez im Herbst 1979.
Denn, so seine Theorie, wenn das Metall konstant mit Weltraumstaub auf die Erde rieselt, dann müsste sich besonders viel davon in den Schichten finden, die nur langsam heranwuchsen. Material, das sehr plötzlich in großen Menge abgelagert wurde, wie beispielsweise Lava bei einem Vulkanausbruch oder Sand von einem Erdrutsch, dürfte dagegen nur wenig Iridium enthalten.
Abrupter Anstieg
Doch als Walter Alvarez die Proben gemeinsam mit seinem Vater, dem Physiker und Nobelpreisträger Louis Alvarez, im Labor untersucht, erlebt er eine Überraschung: Die Iridiumkonzentrationen sind so hoch, dass sie unmöglich allein durch den Weltraumstaub entstanden sein können. Und auch das Muster ist seltsam: Am Anfang der Schicht schnellen die Werte sehr abrupt auf das 25-Fache hoch, fallen dann aber exponentiell bis auf den normalen Hintergrundwert ab.
Zunächst zweifeln die Forscher an ihren Messungen, doch auch eine Wiederholung der Analysen ändert nichts. Die Werte bleiben zu hoch. Und dessen nicht genug, ergeben Messungen an Grenzton-Proben aus anderen Regionen ebenfalls Iridium-Anomalien. Als Alvarez und seine Kollegen die Formation Stevn Klint, eine Klippe an der dänischen Küste südlich von Kopenhagen, untersuchen, staunen sie nicht schlecht: Hier steigen die Iridiumwerte sogar abrupt auf das 160-Fache an.
Auch der Amsterdamer Geologe Jan Smit findet Ende der 1970er Jahre in Proben der Tonschicht von der K/T-Grenze in Südspanien auffällig erhöhte Iridiumwerte. Sie sind dort, am ehemaligen Meeresboden des Tethys-Meeres, sogar noch zehnfach höher als in Gubbio.
Nadja Podbregar
Stand: 11.09.2015