Die Alpen sind die am besten erforschten Gebirge der Welt – und gehören auch zu den am meisten Belasteten. Viele Entwicklungen, die sich hier vollzogen haben, könnten sich auch in anderen Gebirgsräumen der Welt wiederholen. Mittlerweile ist in vielen Nationen die Einsicht gereift, dass Gebirge – wie Regenwälder, Trockengebiete oder Küsten – zu sensiblen Ökosystemen gehören, die einem besonderem Schutz bedürfen.
Im europäischen Raum ist mit der „Alpenkonvention“ bereits ein wichtiger Schritt unternommen worden. Mit der diesjährigen Ausrufung zum internationalen „Jahr der Berge“ durch die UNO ist freilich ein Riesenschritt gelungen: die Gebirge werden weltweit ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Beim „Jahr der Berge“ wird vor allem der Bewahrung des kulturellen Erbes und die nachhaltige Entwicklung der Ressourcen in den Bergregionen große Bedeutung beigemessen. Da die natürlichen Ressourcen der Gebirge für die Menschheit grenzüberschreitend von Bedeutung sind, kann ihre Nutzung und die Erhaltung der Gebirge keine rein nationale Aufgabe sein. Ihr kommt vielmehr eine internationale, globale Bedeutung zu.
Bis sich das Bewußtsein über die Bedeutung und Bedrohung von Bergregionen durchgesetzt hat, ist allerdings einige Zeit vergangen. Ein erster Schritt war dabei die Aufnahme eines „Gebirgskapitels“ in die „Agenda 21“ im Rahmen des Umweltgipfels in Rio 1992. Das Kapitel widmet sich der nachhaltigen Bewirtschaftung von Gebirgen als empfindliches Ökosystem.
Von der Aufnahme in die „Agenda 21“ bis zur Ausrufung des „Jahr der Berge“ sollten jedoch noch zehn Jahre vergehen. Im November 1998 war es dann jedoch soweit. Die Generalversammlung der UNO in New York beschloss, 2002 zum Jahr der Gebirge zu ernennen. Darüber hinaus wurde das „Jahr des Ökotourismus“ ausgerufen. Da viele Gebirge von den Auswüchsen des Massentourismus betroffen sind, erhofft man sich hiervon Impulse, den Touristenstrom in ökologisch sinnvolle Bahnen zu lenken.
In Deutschland startete die Kampagne zum „Jahr der Berge“ Mitte Februar in München. Mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen wie Fachtagungen, Kongressen und speziellen Projekten soll bei der Bevölkerung das Bewußtsein über die Empfindlichkeit von Bergökosystemen geschärft werden. Dabei bilden die Schwierigkeiten der Höhenlandwirtschaft und die kulturellen Besonderheiten der in Bergregionen lebenden Menschen auch die Schwerpunkte des deutschen Programms. Während des „Jahrs der Berge“ sollen hier in den zahlreichen Projekten vor allem Strategien entwickelt werden, wie die Wirtschafts- und Lebensweisen der Bergbewohner gestärkt werden können – denn sie wissen über die lokale Kultur, Ökologie und Sensibilität ihrer Bergregion am besten Bescheid.
Auf der im August 2002 in Johannesburg stattfindenden UN-Konferenz „Rio +10“ erhofft man sich dann weitergehende, drängende Fragen zum Schutz der Gebirge zu klären – denn in vielen Bereichen besteht noch enormer Forschungsbedarf. So soll beispielsweise der Frage nachgegangen werden, in welchem Maße Gebirge zur weltweiten Wasserversorgung beitragen. Die Angaben hierüber schwanken von 32 bis zu 80 Prozent und zeigen das enorme Wissensdefizit auf.
Neben der Quantifizierung der Wasserressourcen besitzen auch die Themen Biodiversität oder der Schutz der Gebirgswälder weiteren Forschungsbedarf. So müssen großmaßstäbige Planungsgrundlagen geschaffen werden, die die Ausweisung von Nutzungs- und Schutzgebiete ermöglicht. Um sinnvolle Strategien für den Schutz der Berge entwickeln zu können, müssen über das „Jahr der Berge“ hinaus noch einige Sachverhalte erforscht und Fragen geklärt werden.
Stand: 23.03.2002