Brehms besonderes Interesse hatte in Afrika wie auch in Spanien den Vögeln gegolten, war er doch von seinem Vater bereits als Kind an die Ornithologie herangeführt worden. Während er in Kairo über ein Jahr lang auf den unzuverlässigen Baron von Müller warten musste, vertrieb er sich die Zeit damit, den Manzala-See und das Nildelta zu erforschen, wo die Zugvögel zu Hunderttausenden auf ihrem Weg nach Süden halt machen.
Brehms Kritik an der Wissenschaft
Ergebnis dieser Beobachtungen wird der erste ornithologische Fachaufsatz Brehms, der dem jungen Forscher unter Experten zu Anerkennung verhilft. Doch Brehm ist der Stil wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu einseitig. Vielmehr nimmt er sich vor, mit der damals üblichen rein morphologischen Beschreibung in der Zoologie zu brechen und größeren Augenmerk auf das von ihm beobachtete Verhalten der Tiere zu legen. Denn im Gegensatz zu vielen Biologen seiner Zeit ist für ihn die Feldforschung die ergiebigste Quelle neuen Wissens. Obwohl auch Brehm das Jagen und Sammeln von Tieren als völlig normalen Teil der wissenschaftlichen Arbeit ansieht, spielt für ihn das lebendige Geschöpf in seiner natürlichen Umgebung eine mindestens ebenso wichtige Rolle.
Zudem möchte er seine Erkenntnisse auch Laien zugänglich machen. In der „Gartenlaube“, einer populären Familienzeitschrift, findet Brehm ein geeignetes Blatt für seine Erzählungen und Abenteuergeschichten aus exotischen Ländern.
Reise nach Skandinavien
Aufgrund seiner Kenntnisse der mitteleuropäischen Vogelwelt und der Fülle seiner in Afrika und Spanien niedergeschriebenen Beobachtungen entsteht schließlich der Gedanke, eine zoologisch-kulturhistorische Gesamtdarstellung der Vögel zu schreiben. Um darin auch die nördliche Vogelfauna gebührend zu berücksichtigen, plant Brehm eine weitere Forschungsreise. Der Verleger der „Gartenlaube“ finanziert ihn, und so bricht Brehm im Jahre 1860 nach Skandinavien auf.
Die einjährige Reise führt ihn in die Berge Norwegens und nach Lappland, er lernt die Tundra kennen und reist über die Lofoten bis zum Nordkap. In den Fjorden und auf den der Schären-Küste vorgelagerten Felsen studiert er das Verhalten von Eiderenten, Möwen, Alken, Lummen und Lunden, mit denen er gleichzeitig die Vogelsammlung seines Vaters weiter vervollständigt.
Erstmals „populäre Wissenschaft“
Im Jahr 1861 wird sein Buch „Das Leben der Vögel“ veröffentlicht. Lange vor der modernen Verhaltensforschung legt Brehm hier die Eigenarten der Vögel in Abhängigkeit von ihrem Lebensraum dar. Darüber hinaus widmet er ein ganzes Kapitel den kulturhistorischen Aspekten der Vögel und befasst sich mit ihrer poetischen, symbolischen und mythologischen Bedeutung. Diese Herangehensweise unterstreicht sein umfassendes Verständnis der Zoologie, stößt aber sowohl bei Wissenschaftlern seiner Zeit wie auch später noch auf Kritik.
Als „Das Leben der Vögel“ erscheint, ist der Vertrag über ein sechsbändiges Werk mit dem Titel „Illustriertes Thierleben“ bereits unterschrieben. Brehm möchte darin seinen bereits lange gehegten Plan in die Tat umsetzen und das Leben der Tiere in seiner Gesamtheit beschreiben – anschaulich, ohne überflüssigen wissenschaftlichen Ballast und für jedermann verständlich.
Stand: 01.04.2005