Es ist kein Zufall, dass für das Jahr des Lichts ausgerechnet 2015 ausgewählt wurde: Vor genau hundert Jahren, 1915, veröffentlichte Albert Einstein seine Theorie der Allgemeinen Relativität, zehn Jahre zuvor seine Theorie der Speziellen Relativität – und stellte mit beiden das komplette Weltbild der Physik auf den Kopf. Denn mit ihnen erhielt das Licht eine ganz neue Bedeutung: Sie wurde zum Maß aller Dinge.
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Zeit ist relativ, die Lichtgeschwindigkeit nicht
Vor Einstein war das Licht nur eines von vielen Phänomenen im Kosmos. Schon Aristoteles hatte festgestellt, dass Licht sich in immer gerader Linie ausbreitet, dabei aber von einem Punkt aus in alle Richtungen strahlen kann. Wie schnell sich das Licht dabei bewegt, hielt man damals für variabel. Als absolut galt allein die Zeit. Theoretisch wäre es daher nach damaliger Vorstellung durchaus möglich, einem Lichtstrahl hinterherzurasen und ihn einzuholen.
Einstein aber machte dem ein Ende. Er postulierte erstmals, dass nicht die Zeit, sondern die Lichtgeschwindigkeit absolut ist. Sie ist eine Naturkonstante und damit fundamentaler Teil des Kosmos. Es gibt im Universum nichts, was sich schneller bewegen kann als das Licht. Und gleichzeitig breitet sich Licht immer gleich schnell aus, egal ob ich mich beim Messen bewege oder nicht. Für die Zeit gilt dies dagegen nicht: Sie scheint für einen Beobachter umso langsamer zu vergehen, je schneller er selbst sich durch den Raum bewegt.
Gebremstes Licht
Wenn die Lichtgeschwindigkeit eine Naturkonstante ist, dann müsste sie eigentlich immer unverändert bleiben. Das Licht dürfte sich daher auch nicht abbremsen oder gar stoppen lassen. Normalerweise stimmt dies auch. Doch in den letzten Jahren ist es Physikern gelungen, diese Konstante durch spezielle Kristalle und raffinierte Experimente auszutricksen: Für wenige Sekunden und sogar bis zu einer Minute „froren“ die Forscher auf diese Weise Lichtstrahlen ein.
Als „Bremsklotz“ dient den Physikern dabei meist ein bis auf wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlter Kristall aus dem Seltenerd-Element Praseodym. Dieser wird mit einem gespaltenen Laserstrahl beschossen, dessen zwei Teilstrahlen senkrecht aufeinander treffen. Der erste Teilstrahl dient als Bremse, er regt die Ionen im Kristallgitter an und verändert dadurch die Kristalleigenschaften. Der zweite Teilstrahl trifft nun auf dieses neue Medium aus Kristall und Laserlicht und wird darin stark verlangsamt.
„Licht, das in den Kristall eintritt, wird so weit abgebremst, dass es stillsteht und dort bleibt, bis wir es wieder gehen lassen“, erklärt Morgan Hedges von der Australian National University. „Wenn wir es dann wieder gehen lassen, bekommen wir alles wieder so heraus, wie es hineingekommen ist, akkurat bis auf das letzte Photon.“ Diese Experimente sind dabei weit mehr als physikalische Spielereien. Denn mit solchen Lichtfallen könnte sich künftig optische Informationen direkt speichern lassen, ohne sie wie bisher nötig, zuvor in elektronische oder magnetische Daten umzuwandeln.
Nadja Podbregar
Stand: 16.01.2015