Die Geschichte der Naturkundemuseen ist bereits einige Jahrhunderte alt, doch fertiggeschrieben ist sie noch lange nicht. Neue, innovative Herangehensweisen befeuern aktuell eine fortlaufende Museums-Revolution mit einzigartigen Konzepten und digitalen Möglichkeiten. Um diese Entwicklung zu fördern, kürt das Europäische Museumsforum, eine Museumsorganisation des Europarates, seit 1977 jedes Jahr die innovativsten Museen Europas.
Fischschwärme, eisige Antarktis und ein riesiger Mensch
Ein deutscher Preisträger dieses „European Museum of the Year Awards“ war 2010 das Ozeaneum in Stralsund. Es vereint riesige Süßwasseraquarien mit Dauerausstellungen, die den Besuchern die Wasserwelten von Nord- und Ostsee näherbringen sollen. Zu den Highlights gehören eine Ausstellung mit Walmodellen in Originalgröße sowie ein 2,6 Millionen Liter großes Aquarium mit Panoramascheibe, das den Blick auf Fischschwärme, Rochen und Haie freigibt.
Ebenfalls in Deutschland steht das Klimahaus Bremerhaven, dessen Schwerpunkt auf den Themen Klima, Klimawandel und Wetter liegt. Statt zwischen Exponaten in Schaukästen zu schlendern, gehen Besucher wortwörtlich auf Weltreise – immer entlang des achten Längengrades. Dabei durchqueren sie auf ihrem Rundgang fünf Kontinente samt unterschiedlicher Klimazonen. Während die Besucher in der Sahel-Zone ordentlich ins Schwitzen geraten, können sie sich bei klirrenden Temperaturen in der Antarktis-Welt wieder abkühlen.
Eine Reise der besonderen Art bietet auch das Corpus-Museum im niederländischen Leiden. Hier können die Besucher einen riesigen menschlichen Körper betreten und ihn von innen erkunden. Diese „Reise durch den Menschen“ beginnt am Knie und endet im Gehirn. Auf dem Weg kann man ein rotes Blutkörperchen im 5D-Herztheater bestaunen, auf der Zunge herumspringen und durchs Ohr gehen.
Aus betagt wird modern
Doch die Museen der Zukunft sind keineswegs nur Neueröffnungen des 21. Jahrhunderts, so wie in Stralsund, Bremerhaven und Leiden. Auch die alteingesessenen Naturkundemuseen der Vergangenheit rüsten Schritt für Schritt auf, um sich dem Zeitgeist anzupassen. So hat etwa das Senckenberg Museum in Frankfurt am Main mittlerweile eine Virtual Reality-Erfahrung eingeführt. Wer die VR-Brille aufsetzt, erlebt, wie der Sauriersaal zum Leben erwacht. Der langhalsige Diplodocus kommt dann gemächlich auf einen zugestampft und reckt seinen Kopf neugierig in Richtung Besucher. Aktuell ist die Attraktion allerdings aus hygienischen Gründen geschlossen. Auch im Berliner Naturkundemuseum lassen sich die Dinos mithilfe von Augmented Reality bestaunen.
In Frankfurt können Besucher die Ausstellungen mittlerweile außerdem mit der Smartphone-App „twiddle – the museum riddle“ erkunden. Diese Spiel-App macht die Objekte der Museen erlebbar. Die Nutzer können durch sie gemeinsam mit einem Dino das Museum erkunden, mit Höhlenbären über Gentechnik und bedrohte Arten sprechen oder mit Molly dem Pottwal auf Tauchstation in die Tiefsee gehen.
Auch baulich tut sich gerade einiges im altehrwürdigen Senckenberg Museum. Die Ausstellungsfläche soll von aktuell 6.000 Quadratmetern auf 10.000 fast verdoppelt werden. Hinzu kommen vier komplett neue Bereiche: Mensch, Erde, Kosmos und Zukunft. Zu den geplanten Highlights gehören ein frei hängender LED-Globus mit sechs Metern Durchmesser und ein Planetarium.