Phänomene

Das neue Kelvin

Vom Tripelpunkt zur Boltzmann-Konstante

Während drei der sieben SI-Einheiten schon vor Jahrzehnten auf Naturkonstanten umgestellt wurden, tat man sich bei den restlichen vier deutlich schwerer. Das lag aber nicht daran, dass man nicht wusste, wie die neue Definition aussehen könnte – es haperte an der praktischen Umsetzung der Messmethoden. Das Problem: Um eine Naturkonstante als Bezugsgröße nehmen zu können, muss diese erst einmal ausreichend präzise und verlässlich messbar sein.

Teil einer Tripelpunktswaage zur Eichung des Kelvin. © NIST

Kelvin: Vom Tripelpunkt zur Boltzmann-Konstante

So auch bei der SI-Einheit der Temperatur, dem Kelvin. Bisher über den Tripelpunkt des Wassers definiert, sollte in Zukunft die Boltzmann-Konstante die Basis für die Temperaturmessung bilden. Sie beschreibt den Zusammenhang von Temperatur und der Bewegung der kleinsten Teilchen in einem Medium mit dieser Temperatur. Einfacher ausgedrückt: Je wärmer ein Gas oder eine Flüssigkeit ist, desto schneller und heftiger bewegen sich darin die Atome und Moleküle. Landläufig ist diese Teilchenbewegung auch als Brownsche Molekularbewegung bekannt.

Das Problem dabei: Direkt sind die Bewegung und Geschwindigkeit der Teilchen nicht messbar. Metrologen müssen daher Hilfsgrößen wie den Gasdruck, die Schallausbreitung oder Veränderungen der Spannung nutzen. Lange aber waren Messmethoden auf Basis dieser „Helfer“ einfach nicht präzise genug. Denn damit die Boltzmann-Konstante als Referenz für das Kelvin zugelassen wird, muss sie mit zwei verschiedenen Methoden mit einer Messunsicherheit von weniger als einem Millionstel bestimmt werden. Diese Messgenauigkeit erreichte bis vor kurzem nur ein Verfahren: das auf der Schallausbreitung im Gas beruhende akustische Gasthermometer.

Herzstück des Dielektrizitätskonstanten -Gasthermometers zur Neudefinition des Kelvin. Vier Druckzylinder aus Edelstahl nehmen die verschiedenen Kondensatoren zur Messung der Dielektrizitätskonstanten auf © PTB

Messziel erreicht

Das hat sich 2017 geändert: Forschern an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig gelang es, die Bolzmann-Konstante mit einem Dielektrizitätskonstanten-Gasthermometer ausreichend präzise zu bestimmen. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich eine Messapparatur, bei der ein Kondensator mit Heliumgas befüllt wird. Weil Druck und Dichte des Gases temperaturabhängig sind und gleichzeitig die die Kapazität des Kondensators beeinflussen, lässt sich über die Messergebnisse die Boltzmann-Konstante ermitteln.

Im Herbst 2017 wurde auf Basis dieser und der früheren Messmethode der Wert für die Boltzmann-Konstante auf 1,38064852 x 10-23 Joule pro Kelvin festgelegt. Am 16. November 2018 beschloss die Generalkonferenz für Maß und Gewicht dann, das Kelvin nun über diese Konstante zu definieren.

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Nadja Podbregar
Stand: 23.11.2018

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Maße aller Dinge
Die SI-Einheiten und ihre Neudefinition

Die Basis des Messens
Vom Kalkklötzchen zum Ur-Kilogramm

Die "fundamentalen Sieben"
Die SI-Einheiten und ihre Bedeutung

Licht und ultrakalte Atome
Die Basis für Meter und Sekunde

Das neue Kelvin
Vom Tripelpunkt zur Boltzmann-Konstante

Elektronenzählen leicht gemacht
Der Weg zum neuen Ampere

Abschied vom Ur-Kilogramm
Neudefinition der Einheiten für Masse und Stoffmenge

Revolution der Metrologie
Was bringt das neue SI?

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