Zuerst wollte es keiner glauben: Als der Amateurastronom Stephen O’Meara im Jahr 1977 erzählte, er habe bei seiner Beobachtung des Saturns seltsame dunkle Streifen quer zu den Ringen entdeckt, hielten ihn die etablierten Vertreter seiner Zunft für einen Spinner. Seine Skizze von „Speichen“, die sich quer über die Ringscheibe zogen, wurde ignoriert oder allenfalls als Kuriosum belächelt. Nähere Untersuchungen unternahm jedoch niemand.
Unregelmäßige Schatten auf dem B-Ring
Bis zum Jahr 1980: Zu diesem Zeitpunkt erreichten die beiden Voyager-Sonden den Saturn und lieferten den staunenden Forschern Aufnahmen von noch nie dagewesener Klarheit. Darunter auch Bilder eben jener dunklen Speichen, die O’Meara bereits beschrieben hatte. Der Amateurastronom hatte demnach richtig gesehen.
Die Voyager-Aufnahmen zeigten: Diese dunklen Schatten traten offenbar nur auf dem B-Ring auf, zwischen 43.000 und 57.000 Kilometern von der obersten Wolkenschicht des Saturn entfernt. Auch ihre Verteilung auf dem Ring schien bestimmten Gesetzmäßigkeiten zu folgen: Sie waren keineswegs regelmäßig angeordnet, wie bei den Speichen eines Fahrrads, sondern häuften sich in einigen Regionen.
Mal da, mal wieder weg
Und noch etwas fiel auf: Diese radiären Speichen erschienen beim Anflug der Sonden auf das Ringsystem dunkel gegen den hellen Hintergrund der Ringe, beim Blick zurück jedoch hell auf dunklem Hintergrund. Die Speichen schienen zudem keineswegs immer vorhanden zu sein und sich sogar zu bewegen. Als die Cassini-Sonde im Jahr 2004 am Ringplanet ankam, fand sie erst mal keine Spur mehr von diesen seltsamen Querstreifen. Ein Jahr später aber tauchten sie wieder auf – scheinbar aus dem Nichts.
Aber warum? Eine mögliche Erklärung liefert die Beschaffenheit der Speichen. Wie man inzwischen weiß, bestehen sie aus extrem feinen, nur wenige Mikrometer großen Staubpartikeln. In den Phasen der Speichenbildung schweben diese Staubteilchen über der Ebene des B-Rings und heben sich so vom restlichen Ringmaterial ab. Zu anderen Zeiten sinken sie ab und sind daher scheinbar verschwunden.
Nadja Podbregar
Stand: 23.09.2016