Wirtschaftswissenschaftler wie Ernst Fehr von der Universität Zürich haben entdeckt, dass Bestrafung derjenigen, die nicht kooperieren wollen, das Problem lösen kann. Ein nur zu vertrauter Gedanke, wenn man zum Beispiel an die Ticketkontrolle in öffentlichen Verkehrsmitteln denkt. Doch Bestrafung hat einen entscheidenden Nachteil: Sie ist nicht umsonst. „Das Strafen zahlt sich in den Spielen eigentlich kaum aus“, sagt Milinski. „Es kostet den Strafenden und den Bestraften zusammen etwa so viel, dass es den Zugewinn aus mehr Kooperativität zu einem großen Teil vernichtet.“
Ganz anders die Reputation. Sie kostet nichts. Wer mit einem Trittbrettfahrer nicht kooperiert, spart sogar Geld. Also war es nur logisch, zu testen, ob der gute Ruf die Tragik des Gemeingutes ebenfalls auflösen kann. Milinski und seine Mitarbeiter Dirk Semmann und Hans-Jürgen Krambeck wählten dafür einen ungewöhnlichen Ansatz: Sie kombinierten den Spieltypus, den sie für die indirekte Reziprozität und Reputation gewählt hatten, mit einem public goods game.
Der gute Name zählt
„Die Teilnehmer spielten eine Runde das eine und die nächste Runde das andere“, sagt Milinski. Das Ergebnis: Wenn die Spieler den guten Namen, den sie sich im Spiel der indirekten Reziprozität erworben hatten, in das Spiel um das öffentliche Gut mitnehmen konnten, war das öffentliche Gut gerettet und alle verdienten viel Geld für das Abendessen. Wenn sie den guten Namen aus der Vorrunde hinter sich lassen und mit neuem neutralen Namen weiterspielen mussten, dann wurden im Spiel um die gemeinsame Sache aus den Altruisten sofort wieder Egoisten.
Reputation rettet das Gemeinwohl, Anonymität zerstört es. „Menschen achten auf ihren guten Ruf. Und sie achten genauso darauf, ob andere mitbekommen können, was sie tun. Altruisten, die sich so verhalten, dass andere es mitbekommen, die gewinnen“, sagt Milinski. Er und seine Kollegen trauen der Reputation einiges zu, sogar dass sie dazu beiträgt, den Klimawandel zu begrenzen. „Das Klima der Erde zu schützen, ist mit mehr als sechs Milliarden Spielern das wahrscheinlich größte public goods game, das wir kennen“, sagt Milinski.
Spenden mit Reputationseffekt
Gemeinsam mit Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, brachte Milinskis Team Studenten dazu, in der gleichen Spielkombination wie zuvor ihr Geld für eine Zeitungsanzeige zu spenden. Damit sollten den Lesern die Folgen klimaschädlichen Verhaltens und einfache Regeln zum Klimaschutz dargestellt werden. Alle Mitspieler spendeten zumindest ein wenig Geld für die Anzeige; eine größere Spendenbereitschaft zeigten die Teilnehmer, die vor dem Spiel gut über den Klimawandel informiert worden waren.
Der Einsatz für den Klimaerhalt fiel jedoch weitaus höher aus, wenn die Spieler wussten, dass jeder erfährt, wer wie viel gespendet hatte. Die öffentlichen Spender erhielten erstaunlicherweise in den anderen Spielrunden mehr Geld von ihren Mitspielern und wurden auf diese Weise für ihr Engagement sogar belohnt. Die Kraft des guten Rufs wirkt auch in diesem Spiel und könnte zum Erhalt des Klimas beitragen.
Marcus Anhäuser / MaxPlanckForschung
Stand: 06.06.2008