Astronomie/Kosmologie

Das Rätsel bleibt – vorerst

Liefert die nahe Zukunft eine Antwort?

Auch gut sieben Jahre nach Entdeckung der Fast Radiobursts ist das Rätsel um ihre Entstehung und Quelle nicht gelöst. Zwar gibt es einige vielversprechende Kandidaten – allen voran stark magnetisierte Neutronensterne. Aber nicht alle kosmischen Radioblitze lassen sich mit dem Szenario eines solchen Magnetars vereinbaren.

„Zurzeit grenzen die beobachteten Fast Radiobursts zwar die theoretischen Modelle ein, aber es fehlt ein ‚rauchender Colt‘, der ein bestimmtes Entstehungsmodell eindeutig belegt“, erklärt Duncan Lorimer von der Swinbourne University, Entdecker des ersten kosmischen Radioblitzes. Ungeklärt ist zudem, ob alle Fast Radiobursts auf die gleiche Quelle zurückgehen oder ob es vielleicht mehrere Sorten solcher Radioblitze gibt.

Magnetar
Können Magnetare hinter all den verschiedenen Varianten der Fast Radiobursts stecken? Oder gibt es doch verschiedene Urheber? © Daniëlle Futselaar/ artsource.nl

Ein Ursprung oder verschiedene?

Wie lässt sich beispielsweise erklären, dass einige FRB-Quellen wiederholte und teilweise sogar regelmäßige Radioblitze aussenden, andere dagegen nur einmal? Liegt dies nur daran, dass wir dieses kosmische Phänomen erst seit kurzem kennen und erforschen? Dann wäre denkbar, dass auch die vermeintlichen „Einzeltäter“ wiederholte Pulse aussenden – nur in sehr langen Zeitabständen. „Wenn dieses Szenario korrekt wäre, dann könnte es Jahrzehnte dauern, bis wir dies beobachten können“, sagt Lorimers Kollege und FRB-Mitentdecker Matthew Bailes.

Sollten alle Fast Radiobursts auf die gleichen Klasse von Urhebern zurückgehen, dann gelten Magnetare nach wie vor als vielversprechendste Kandidaten. Zwar können Astronomen bisher nicht vollständig erklären, wie diese Neutronensterne den teils merkwürdigen Rhythmus einiger wiederholter Radioblitze erzeugen und auch die Frage, ob selbst die energiereichsten Vertreter der Fast Radiobursts auf diese Sternenreste zurückgehen können, steht noch im Raum.

„Meine Favoriten sind aber dennoch die Magnetare“, sagt Bailes. „Einige wiederholte FRBs könnten dann von Magnetaren im Orbit massereicher Sterne ausgehen, Nicht-Wiederholer dagegen auf die seltenen Megaausbrüche in besonders stark magnetisierten Magnetaren oder auf junge Millisekunden Pulsare.“

Magnetar mit Helfer – oder doch etwas ganz anders?

Auch andere Radioastronomen vermuten, dass die Eigenheiten der wiederholten Fast Radiobursts durch die Wechselwirkung eines Magnetars mit einem Begleiter zustande kommen. Auslöser der Radioblitze könnte dann beispielsweise der starke Sternenwind des Partners sein, der Ausbrüche beim Magnetar provoziert. Die Pausen entstehen wiederum dann, wenn der Magnetar hinter seinem Begleiter vorbeizieht. Ein solcher Neutronenstern im Orbit um ein Schwarzes Loch könnte hingegen die nötigen Energien auch für die stärksten Einzelpulse produzieren.

Auch bei FRB 20200120E, dem Fast Radioburst aus dem alten Kugelsternhaufen, sind Magnetare noch im Rennen. Um zu erklären, wie in dieser alten Umgebung ein junger, aktiver Neutronenstern entsteht, bräuchte man allerdings auch dort einen „Helfer“. Denkbare wäre beispielsweise, dass ein Weißer Zwerg einem Begleiter so viel Material abgesaugt hat, dass er unter seiner eigenen Schwerkraft kollabiert und zu einem Neutronenstern wird. „Das kann zu einem Szenario führen, das mit dem Fachbegriff ‚akkretionsinduzierter Kollaps‘ bezeichnet wird“, erklärt Franz Kirsten von der schwedischen Chalmers-Universität.

Doch nicht alle Radioastronomen folgen der Sichtweise von nur einer Klasse von Urhebern: Duncan Lorimer und sein Team halten es angesichts der neueren Beobachtungen für wahrscheinlicher, dass es mehrere verschiedene Arten von Fast Radiobursts gibt. Diese ähneln sich zwar in einigen Merkmalen, gehen aber auf verschiedene Ursachen zurück. „Die vor allem in den CHIME-Beobachtungen zutage tretenden unterschiedlichen Klassen sind meiner Ansicht nach ein starkes Indiz für multiple Quellen“, erklärt Lorimer.

„Goldenes Zeitalter der FRB-Entdeckungen“

Einig sind sich die Forschenden aber in einem Punkt: Das Rätsel der kosmischen Radioblitze ist noch nicht endgültig gelöst – und die nächsten Jahre könnten spannend werden. Denn neue, immer leistungsstärkere Radioteleskope erlauben es, diese mysteriösen Radiopulse noch genauer zu studieren.

„Es beginnt ein neues Regime, in dem hunderte bis tausende neuer Fast Radiobursts jedes Jahr entdeckt und beobachtet werden“, sagt Lorimer. Ähnlich sieht es auch Bailes: „Die Resultate dieser neuen Instrumente werden ein goldenes Zeitalter der FRB-Entdeckungen einleiten, das bis in die 203ß034 Jahre reichen wird.“ Großes Potenzial sehen beide Radioastronomen auch in der gezielten Suche nach Begleiterscheinungen in anderen Wellenlängen wie der Röntgen- oder Gammastrahlung. Sie könnten ebenfalls dabei helfen, die Ursache – oder Ursachen – der Fast Radiobursts endlich zu klären.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Rätsel der kosmischen Radioblitze
Was steckt hinter den Fast Radiobursts?

Das erste Signal
"The Dish" und der erste Fast Radioburst

Kein Einzelfall mehr
Fahndung nach der Quelle der Fast Radiobursts

Lauter Widersprüche
Nachglühen, Serientäter und torpedierte Modelle

Ein Schritt vor und zwei zurück
Wer ist der Urheber der Radiopulse?

Das Rätsel bleibt - vorerst
Liefert die nahe Zukunft eine Antwort?

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