Planet Erde

Das Rätsel des Meersalzes

Mikroorganismen als Regulatoren der marinen Salinität?

Wieso versalzen die Meere nicht? Diese Frage erscheint trivialer, als sie ist. Der Salzgehalt der Meere liegt heute bei durchschnittlich 3,4 Prozent – einem für das marine Leben optimalen Wert: Läge er nur wenig höher als vier Prozent, würde er grundlegende Zellfunktionen der Organismen blockieren, die Folge wären Massenaussterben unter den Meeresbewohnern. Die Entwicklung des marinen Lebens deutet darauf hin, dass der Salzgehalt des Meerwassers über Millionen, wenn nicht sogar Milliarden von Jahren relativ gleich geblieben sein muss.

Nebel über dem Meer © NOAA

Aber warum? Immerhin transportieren Regen und Flüsse 2,75 Millarden Tonnen Salze pro Jahr ins Meer. Sie werden aus Gesteinen ausgewaschen oder von anderen natürlichen und heute auch zunehmend anthropogenen Prozessen freigesetzt. Dennoch bleibt der Salzgehalt des Meerwassers konstant – weit unterhalb des möglichen Sättigungspunktes. Und auch katastrophale Ereignisse wie Meteoriteneinschläge oder ausgedehnte Vereisungen scheinen zumindest keine längerfristigen „Entgleisungen“ zur Folge gehabt zu haben.

Offensichtlich existieren Regulationsmechanismen, die dafür sorgen, dass sich die Salinität innerhalb bestimmter Grenzen bewegt. Seit längerem bekannt sind abiotische Prozesse, die dem Meerwasser kontinuierlich Salze entziehen: Die Ablagerung von Salzen bei Verdunstung und Verlandung, Salzlager unter den Kontinentalschelfen oder die Bindung und Sedimentation von Salzen durch Tone und anorganische Verbindungen. Doch Versuche, die Salzregulation allein durch diese rein chemischen oder physikalischen Prozesse nachzubilden, misslangen.

Erst wenn auch die Meeresbewohner selbst – in Analogie zum Daisyworld-Modell – mit einbezogen werden, kommt man des Rätsels Lösung näher: Es hat sich gezeigt, dass Mikroorganismen wie Kieselalgen oder Coccolithophoriden als Entsalzer eine wichtige Rolle spielen. Sie lagern Silikatsalze oder Kalzium in ihre Schalen ein, diese sinken beim Absterben der Organismen zu Boden und sind dadurch als Sediment dem freien Wasser entzogen.

Liegt hier ein weiteres Beispiel für das prägende Einwirken der Biosphäre auf abiotische Faktoren des Systems Erde vor? Wenn es nach Lovelock geht, lautet die Antwort eindeutig ja. Die etablierte Ozeanographie ist zwar vorsichtiger in ihrer Einschätzung, sieht aber durchaus starke Argumente für die Existenz einer biologischen Kontrolle der Salinität. Weitere Forschungen laufen…

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Stand: 21.01.2003

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Organismus Erde?
Von der Gaia-Hypothese zum System Erde

Vom passiven Spielball zum komplexen System
Paradigmenwandel in den Geowissenschaften

Die Erde als lebendiges System
Gaia - eine Idee wird geboren

Tabubruch oder Pioniertat?
Gaia im Kreuzfeuer der Kritik

Daisyworld
Gänseblümchen erklären die Welt - und das Gaia-Prinzip

Von Gaia zum "System Erde"
Die heutige Situation

Das Leben mischt mit...
Beispiele für die Selbstregulation irdischer Stellgrößen

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