Die Atmosphäre des Gasriesen Jupiter ist in permanenter Aufruhr. Jetstreams, Bänder rasender Winde, in verschiedenen Breiten und teilweise entgegengesetzten Richtungen um den Planeten ziehend, bilden ein wechselndes Hell-Dunkelmuster von ziehenden Wolken. Dunkle Flecken markieren regionale Stürme. Einige von ihnen, wie der Große Rote Fleck, scheinen so konstant und an ihrer Stelle festgewachsen, dass sie fast schon zu Markenzeichen und Erkennungsmerkmalen des Jupiter geworden sind.
Sturmexplosionen im Doppelpack
Andere allerdings scheinen unbekannten Gesetzmäßigkeiten und Dynamiken zu folgen. Ende März 2007 beobachteten Astronomen weltweit ein seltenes und faszinierendes Schauspiel in der Atmosphäre des Gasriesen. Zwei extrem starke, helle Stürme bildeten sich plötzlich inmitten der wirbelnden Wolken – genau dort, wo der Jetstream, eine starke atmosphärische Strömung, seine höchsten Geschwindigkeiten von fast 600 Kilometern pro Stunde erreicht. Schon zweimal zuvor, 1975 und 1990, waren solche plötzlichen Sturmeruptionen beobachtet worden. In allen Fällen bewegten sich die Stürme annähernd mit der gleichen Geschwindigkeit und immer entstanden zwei von ihnen zur gleichen Zeit. Warum das so ist, ist bis heute nicht geklärt.
Ein Streifen verschwindet
2010 dann folgte das nächste rätselhafte Ereignis: Plötzlich verfärbte sich ein seit Jahren unverändertes bräunliches Strömungsband nahe dem Jupiter-Äquator strahlend weiß. Gleichzeitig schien sich der Große Rote Fleck, der in der Nähe dieses Wolkenbands liegt, dunkler zu färben. Zwar hatten Raumsonden wie die Pluto-Sonde „New Horizons” oder die Jupitersonde Galileo bereits früher ein zwischenzeitiges Verblassen dieses so genannten South Equatorial Belt beobachtet, ein so eklatanter Wechsel aber war neu – so schien es jedenfalls zunächst.
Um herauszufinden, was es damit auf sich hatte, richteten Astronomen gleich drei Teleskope – von der NASA Infrared Telescope Facility, vom Keck und vom Gemini North Observatorium auf Hawaii – auf das Sturmband. Die verschiedenen Infrarotaufnahmen enthüllten, was im sichtbaren Licht verborgen blieb: Das braune Band war nicht verschwunden, es wurde nur von höher liegenden Schichten aus hellem Ammoniakeis verdeckt.
Wolken aus Amoniak-Eis als Camouflage
„Die Ursache für das ‚Verlieren‘ dieses Sturmbands zwischen den umgebenden weißen Bändern ist, dass die normalerweise hier wehenden trockenen Abwinde, die die Region wolkenfrei halten, einschlafen“, erklärt Glenn Orton, Forscher am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. Dieser Prozess, das zeigten anschließende Modellsimulationen, wiederholt sich im Durchschnitt alle paar Jahrzehnte und hält dann jeweils ein bis drei Jahre an.
„Eines der Dinge, nach denen wir im Infrarot suchten, waren daher Hinweise darauf, dass sich die Wolkenschicht zu lichten beginnt. Und genau das sahen wir auch.“ An einer Stelle des noch weißen Sturmbandes schimmert inzwischen bereits wieder die dunklere Farbe der tieferliegenden Wolken durch. Auch die dunklere Farbe des Großen Roten Flecks wird sich, so Orton, mit der Rückkehr zu normalen Bedingungen im Wolkenband wieder aufhellen.
Nadja Podbregar
Stand: 01.07.2016