Botulinum Toxin ist das giftigste aller bekannten Substanzen. Schon ein einziges Gramm kristallisiertes Toxin würde ausreichen, um mehr als eine Million Menschen zu töten. Gleichzeitig – und paradoxerweise – ist „Botox“ das erste biologische Gift, dass zur kosmetischen und medizinischen Behandlung am Menschen zugelassen ist.
Wegen seiner extremen Giftigkeit, der leichten Herstellbarkeit und eines unproblematischen Transports und der guten Lagerbarkeit wird Botulismustoxin von Biowaffenexperten als große Bedrohung eingestuft. Allerdings ist die Ausbringung als Aerosol nicht ganz einfach, weswegen die eigenständige Entwicklung von waffenfähigem Botulismustoxin durch Terroristen oder Terrororganisationen als eher unwahrscheinlich gilt.
Schon während des zweiten Weltkriegs haben sowohl die USA als auch Japan das Gift zu Waffenzwecken produziert, nach Inkrafttreten der Biowaffenkonvention haben zumindestens Russland und der Irak nachweislich noch große Mengen waffenfähiges Botulismustoxin hergestellt, gleiches könnte für Nordkorea, Syrien und den Iran gelten.
Im Rahmen von Bioterrorakten ist Botulismustoxin bereits eingesetzt worden – wenn auch nicht sehr erfolgreich: Die japanische Sekte Aum Shinriko setzte zwischen 1990 und 1995 mindestens drei Mal gifthaltiges Aerosol in Tokio frei. Alle Anschläge schlugen fehl, vermutlich durch mikrobiologische Fehler, eine ungeeignete Ausbringungsmethode oder auch interne Sabotage.
Steckbrief:
Erreger:
Das Gift wird durch verschiedene Bakterienstämme der Art Clostridium botulinum, außerdem durch einzelne Stämme der Arten C. butyricum und C. barartii produziert. Clostridium botulinum kommt überall in Böden vor und kann daraus ohne Probleme isoliert werden. Das Gift besteht aus einer einfachen Polypeptid-Doppelkette. Es existiert in sieben unterschiedlichen Antigentypen (A-G). Es ist geruchs- und geschmacklos und wird durch Temperaturen von über 85 Grad inaktiviert. Seine Wirkung beruht auf einer kompletten Blockade des Neurotransmitters Acetylcholin und resultiert in Lähmungen der Muskulatur.
Übertragung:
Botulinum Toxin kann über die Schleimhäute oder offene Wunden in den Körper aufgenommen werden. Es wird über den Blutkreislauf verteilt und gelangt so an seinen Wirkort, die Synapsen an den Verbindungsstellen zwischen Nerven und Muskeln. Beim Einsatz als Biowaffe wird das Gift als Aerosol versprüht und über die Schleimhäute der Atemwege aufgenommen.
Symptome/Diagnose:
Typische Symptome einer Botulinum Toxin-Vergiftung sind absteigende, symmetrische Lähmungen der Gesichtsmuskulatur, die schnell auch auf andere Muskelgruppen übergreifen. Unbehandelt führt eine Lähmung der Atemmuskulatur zum Ersticken. Die Schnelligkeit, mit der die Symptome auftreten, ist von der Menge und der Art der Giftaufnahme abhängig. Für die inhalatorische Botoxvergiftung sind genaue Zahlen nicht bekannt, Tierversuche mit Affen ergaben aber Zeitperioden von zwölf bis 80 Stunden. Ein Nachweis des Giftes ist nur in Speziallabors möglich, Fehldiagnosen als Erkrankungen des Zentralnervensystems sehr häufig.
Vorbeugung:
Kurzfristigen Schutz gegen das Gift bietet eine passive Immunisierung mit einem Pferdeserum. Sein Einsatz ist jedoch mit starken Nebenwirkungen verbunden und wird daher nur im Verdachtsfall bei möglicherweise bereits betroffenen Personen durchgeführt. Eine Immunisierung für mehrere Monate bietet Botulinum Toxoid, ein Mittel, mit dem seit 30 Jahren vor allem Labormitarbeiter und andere gefährdete Personen geimpft werden.
Behandlung:
Die einzige Behandlungsmöglichkeit besteht in der möglichst frühen Gabe von neutralisierenden Antikörpern. Diese werden aus Pferdeserum gewonnen. Sie können zwar das Fortschreiten der Lähmungen in den meisten Fällen aufhalten, nicht aber bereits bestehende Nervenschäden rückgängig machen.