Das Universum dehnt sich aus! Wer diese erstaunliche Aussage auf sich wirken lässt, wird nachdenklich werden. Für Astrophysiker und Astronomen hat die Feststellung selbst 88 Jahre nach ihrer Entdeckung wenig von ihrer Faszination verloren. Denn die Einsicht ist weitreichend: Unser Universum scheint kein unveränderliches Gebilde zu sein, sondern ein dynamisches, einer stetigen Entwicklung unterliegendes System.
Diese Erkenntnis hat das Weltbild so grundlegend und nachhaltig verändert, wie es vielleicht nur die kopernikanische Wende vor 400 Jahren tat.
Hubbles Entdeckung…
Zu verdanken ist die bahnbrechende Erkenntnis vor allem dem Astronomen Edwin Hubble (1889 –1953), der in den 1920er-Jahren mithilfe des 100-Zoll-Teleskops am Mount Wilson Observatorium sogenannte Spiralnebel untersuchte. Zunächst konnte er als Erster nachweisen, dass diese weit außerhalb unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, lagen und somit eigenständige, mit der Milchstraße vergleichbare Welteninseln sein mussten.
Wenig später erkannte Hubble dann einen linearen Zusammenhang zwischen der bereits 1912 entdeckten generellen Fluchtbewegung dieser Objekte und deren Entfernung: Je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, desto schneller bewegt sie sich von uns weg.
…und Einsteins Interpretation
Seinen physikalischen Kontext erhielt dieser Zusammenhang – heute bekannt als das „Hubble’sche Gesetz“ – durch die schon 1915 von Albert Einstein veröffentlichte Allgemeine Relativitätstheorie, die das bis heute gültige Verständnis der Schwerkraft darstellt. Darin verabschiedete sich Einstein von der herkömmlichen Vorstellung von Raum und Zeit als einer Art passiven, statischen Bühne, auf der sich die Gesetze der Physik abspielen. Er ersetzte sie durch das Konzept einer dynamischen Raumzeit, die ihrerseits physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgt.
Angewandt auf das Universum sagt Einsteins Theorie voraus, dass sich der Raum über kosmologische Entfernungen hinweg entweder ausdehnen oder zusammenziehen sollte. Da es seinerzeit – noch vor Hubbles Beobachtungen – keinerlei experimentellen Hinweis darauf gab, dass das Universum nicht statisch sein könnte, verwarf Einstein diese außergewöhnliche Vorhersage zunächst und zweifelte die Gültigkeit seiner neuen Theorie auf kosmologischen Skalen an.
Letztendlich wurde sie aber durch Hubbles Entdeckung spektakulär bestätigt – das war die Geburtsstunde der modernen physikalischen Kosmologie.
Autor: Prof. Dr. Jochen Liske, Hamburger Sternwarte der Universität Hamburg/ DFG Forschung