In den vergangenen Jahren aber haben sich die Möglichkeiten der Viren-Forscher dank neuer Technologien erweitert. Besonders Fortschritte in der Fluoreszenzmikroskopie eröffneten neue Einblicke in den Lebenszyklus von HIV.
Beobachten an der Auflösungsgrenze
Fluoreszenzmikroskope sind Lichtmikroskope – unsere Studienobjekte sind also eigentlich zu klein für diese Methode. Denn mit gängigen Methoden der Lichtmikroskopie können Strukturen, die weniger als 200 Nanometer auseinander liegen, nicht mehr scharf voneinander getrennt werden. Die Wellenlänge des Lichts selbst verhindert dies. Ein im Lichtstrahl fluoreszierender Marker erscheint daher als unscharfer Fleck, sobald er die kritische Größe unterschreitet.
Allerdings kann selbst das bei der Virusforschung schon helfen: Man kann fluoreszierende Markierungen in das Virus einbringen und die Partikel bei Bestrahlung zum Leuchten bringen. Je nach Farbstoff werden sie dann als grüne, rote, gelbe oder blaue Lichtpunkte im Mikroskop sichtbar – und lassen sich beispielsweise in der Zelle genau orten.
Virenmontage in neun Minuten
Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dieser Technik. Wir können beispielsweise den Zusammenbau einzelner HIV-Partikel mit einer Markierung des Hauptakteurs Gag live verfolgen. Und wir können messen, wie lange der Viruszusammenbau dauert: In etwa neun Minuten lagern sich die Einzelteile an der Zellmembran zu einer fertigen Knospe zusammen.
Mit diesem System können wir auch untersuchen, wie sich Veränderungen in der Zelle oder Mutationen im Erbgut des Virus auf den Zusammenbau auswirken. Auch die Ankunft anderer Proteine, die für den Vorgang wichtig sind, können wir direkt beobachten, wenn wir sie in einer anderen Farbe markieren.
DIe Tücke liegt im Detail
Leider erlaubt noch keine bisher verwendete Markierung, einzelne HI-Viren auch über mehrere Zyklen von drinnen nach draußen zu verfolgen. Ein Schwerpunkt unserer aktuellen Arbeiten ist daher, das System weiterzuentwickeln. Dazu verwenden wir neuartige chemische Markierungen. Das bisher entwickelte System hilft uns zwar bei der Untersuchung des Virus-Zusammenbaus weiter, nicht aber bei der Virusreifung.
Der Grund: Die Fluoreszenz der eingebrachten Markierung ändert sich nicht bei Spaltung des Gag-Proteins durch die Protease. An einer Farbänderung lässt sich der Reifezustand des Virus daher nicht erkennen. Gleichzeitig reicht die räumliche Auflösung eines Fluoreszenzmikroskops nicht aus, um zwischen unreifen und reifen Viren zu unterscheiden – beide erscheinen auf unseren Aufnahmen nur als kleine grüne Punkte.
Doch seit einigen Jahren gibt es für dieses Dilemma eine Lösung – und die war 2014 sogar nobelpreiswürdig…
Barbara Müller, Universitätsklinikum Heidelberg / Ruperto Carola
Stand: 09.01.2015