Ein weiteres Merkmal von Primzahlen gibt schon seit Jahrhunderten Rätsel auf: das Auftreten von „Primzahlzwillingen“. Dabei handelt es sich um Primzahlen, die nur durch eine Zahl voneinander getrennt sind. Im niedrigen Zahlenraum kommt dies sehr oft vor: 3 und 5 oder 11 und 13 bilden beispielsweise solche Primzahlenpaare.
Die Primzahlzwillings-Vermutung
Doch mit größer werdenden Zahlenwerten wächst bekanntermaßen auch der mittlere Abstand zwischen den Primzahlen – sie werden seltener. Was aber bedeutet dies für die Primzahlzwillinge? Die sogenannte Primzahlzwillings-Vermutung, im Englischen „Twin Prime Conjecture“, besagt, dass es unendlich viele solcher Zwillinge geben muss. Das bedeutet: Egal wie groß die Zahlen werden und wie weit man sich im Zahlenstrang vorwärts bewegt – man wird immer auf Primzahlzwillinge stoßen.
Aber wie bei so vielen Fragen in der Mathematik gibt es zwar eine Vermutung, aber bisher keinen Beweis. Mit Hochleistungsrechnern haben Forscher immerhin schon Primzahlzwillinge mit mehr 388.000 Stellen aufgespürt. „Aber ob die Zwillinge wirklich bis ins Unendliche vorkommen, kann man nicht mit solchen Computersuchen herausfinden“, erklärt James Maynard von der University of Oxford.
Von 70 Millionen auf 2
An diesem Punkt kommt erneut Yitang Zhang ins Spiel. Denn mit seiner Methode bewies der US-Mathematikers, dass der Abstand zwischen zwei Primzahlen eingrenzbar ist. Damit diese Paare trotzdem noch unendlich oft vorkommen, darf die Lücke zwischen ihnen nicht größer sein als 70 Millionen. „Aber Zhang hat nicht versucht, seine Werte zu optimieren“, erklärt Maynard. Im Prinzip könnte daher auch Primzahlenpaare mit sehr viel geringeren Abständen unendlich oft vorkommen.
Das bedeutet für die Zwillings-Vermutung: Theoretisch könnte Zhangs Methode so weit verfeinert werden, dass damit auch das unendliche Vorkommen solcher enger Primzahlenpaare bewiesen werden kann. Als Zhangs Artikel erschien, begann daher unter Mathematikern weltweit ein Wettrennen darum, die Lücken-Obergrenze möglichst weit nach unten zu treiben. Und tatsächlich: Bereits im Juli 2013 hatte ein Team diesen Maximalabstand auf 4.680 heruntergerechnet. Wenig später verringerte Maynard mit einem abgewandelten Verfahren die Obergrenze sogar noch weiter: „Demnach gibt es unendlich viele Primzahlenpaare, die nicht mehr als 246 auseinander liegen“, berichtete der Mathematiker.
Der Beweis steht noch immer aus
Die große Frage ist nun: Kann man mit diesen Methoden auch die Primzahlzwillings-Vermutung beweisen? „Unglücklicherweise gibt es in unserem Verfahren eine fundamentale Barriere, die es verhindert, die Grenze bis auf zwei herunterzudrücken“, erklärt Maynard. „Wir können wahrscheinlich nahe an zwei herankommen, aber diesen Wert nicht ganz erreichen. Um die Twin Prime Conjecture zu knacken, werden wir daher neue Ideen brauchen.“
Nadja Podbregar
Stand: 15.06.2018