Die Erkenntnisse über die Sprachentwicklung haben wir in großen Teilen neuen bildgebenden Verfahren zu verdanken. Bei den ganz kleinen Kindern kommt dabei meist eine Elektrodenkappe zum Einsatz, über die die Hirnströme abgeleitet werden. Genauer jedoch ist der Blick ins Gehirn mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanz-Tomografie (fMRT). Sie macht sich die unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften von sauerstoffarmem und -reichem Blut zunutze und zeigt uns so aktivierte, sauerstoffdurchflutetet Hirnareale an.
Trickfilm als Stillhaltehilfe
Dummerweise ist für aussagekräftige fMRT-Aufnahmen entscheidend, dass die Probanden während des Sprachtests im Tomografen ihren Kopf nicht bewegen. Etwas, das Kindern bekanntermaßen besonders schwer fällt. Uns am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften ist es dennoch gelungen, Methoden weiterzuentwickeln, die uns selbst bei Dreijährigen einen Blick in das kindliche Gehirn erlauben, während es Sprache verarbeitet.
Unsere Idee: Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Wir üben mit den Kleinen das Stillhalten, indem wir ihnen beispielsweise im Voraus einen Trickfilm zeigen, den sie ohne Unterbrechung sehen können, wenn sie dabei ihren Kopf ruhig halten. Und wenn der Trickfilm spannend ist, funktioniert das.
Natur und Kultur sind eng verwoben
Auch wenn noch längst nicht alles in Bezug auf die neuronalen Hintergründe von Sprache und Sprechen geklärt sind, wissen wir zumindest eines: Die Sprache, in der wir sprechen, lesen und schreiben, denken und dichten, mailen und twittern, ist letztlich ein spezifisch menschliches Natur- und Kulturprodukt.
Sie entwickelt sich zwar nach einem vorgegeben biologischen Programm, steht dabei aber deutlich unter dem Einfluss unseres kulturellen Umfelds, in dem wir aufwachsen und leben. Nur wenn wir beides betrachten, den naturwissenschaftlichen und den geisteswissenschaftlichen Aspekt, wird ein tieferes Verständnis von Sprache möglich.
Angela Friederici, Michael Skeide und Verena Müller / Max-Planck Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
Stand: 26.02.2016