Auch wenn Europa heute als eine einheitliche Landmasse erscheint – dies war nicht immer so. Im Untergrund verborgen weist auch unser Kontinent alte Nahtstellen auf, geologische Verwerfungen, die früher einmal die Grenzen von Kontinentalplatten waren. Sie zeugen von der früheren Zerrissenheit Europas. Doch diese alten Plattengrenzen zu finden, ist eine echte Herausforderung.
An den noch aktiven Plattengrenzen etwa unter den südamerikanischen Anden oder an der kalifornischen San Andreas-Verwerfung, ist es noch relativ leicht, die genaue Lage von geologischen Störungen festzustellen. Denn hier verraten aktive Erdbeben-Zonen, Vulkangürtel oder aufsteigende Gebirge, wo die „Nähte der Erde“ verlaufen. Vor allem an den Rändern der heutigen Kontinente, dort, wo der Zusammenstoß von Krustenplatten andauert, finden sich diese „Marker“.
Ein Beispiel ist der „pazifische Feuerring“, ein Gürtel von aktiven Vulkanen und Erdbebengebieten, der sich einmal um die gesamte Küste des Pazifiks zieht – auf der Ostseite Kanadas und der USA im Norden über Mexiko und die südamerikanischen Anden bis nach Feuerland an der Südspitze des amerikanischen Kontinents. Auf der Westseite erstreckt sich der Feuerring von Kamtschatka mit seinen Gletschervulkanen über die Erdbebengebiete Japans bis zu den aktiven Feuerbergen der Philippinen.
Mithilfe von Satellitenbeobachtungen dieser Zonen und Lasermessungen können Geowissenschaftler sogar bestimmen, wie viel die Plattengrenzen sich gegeneinander bewegen. Der Westteil Kaliforniens beispielsweise wandert nach Norden und verschiebt sich dabei jedes Jahr um etwa 5,6 Zentimeter gegenüber der restlichen nordamerikanischen Platte, die nach Süden driftet. Afrika und Südamerika dagegen entfernen sich pro Jahr um etwa drei bis vier Zentimeter voneinander, der Atlantik zwischen ihnen wächst.
Doch innerhalb der heutigen Kontinente – und damit auch in Europa – sieht die Lage ganz anders aus. Hier sind die Plattenbewegungen vollständig erloschen, verräterische Indizien wie Vulkane oder Erdbeben fehlen meist. Hinweise auf den Verlauf und die Lage der alten „Nähte“ sind daher nur schwer zu entdecken.
Stand: 13.04.2002