Eigentlich war Otto Lilienthal ein erfahrener Pilot. Mit seinem Gleiter erhob sich der Flugpionier tausende Male in die Luft und meisterte mehrfach selbst brenzlige Situationen. Dennoch wurde ihm am 9. August 1896 einer seiner Flugtests zum Verhängnis: Er stürzte ab und starb am nächsten Tag an seinen schweren Verletzungen. Wie aber konnte es dazu kommen?

Der Flugtest bei Stölln im brandenburgischen Havelland begann ganz normal: Lilienthal nahm Anlauf und hob vom 70 Meter hohen Gollenberg ab. Typischerweise trug der Pionier bei seinen Testflügen keinerlei Schutzausrüstung, wie Zeitzeugen berichten. Stattdessen startete er in normaler Straßenkleidung und ohne Helm – so auch am 9. August.
Fatales Kippen
Was dann geschah, konnte Lilienthals Mechaniker Paul Beylich vom Boden aus beobachten. Demnach bekam Lilienthal Probleme, als er seinen Gleiter durch eine sogenannte Sonnenbö steuerte, eine durch die Sonnenwärme erzeugte Aufwind-Turbulenz. Der Gleiter verlor darin plötzlich an Auftrieb und stürzte Nase voran und hängendem rechten Flügel aus 15 Metern dem Boden entgegen. Indem Lilienthal seinen Körper nach hinten schwang, versuchte er noch, sein Fluggerät wieder aufzurichten.
Erst eine Woche zuvor hatte der US-Physiker Robert Wood Lilienthal in einer ähnlichen Situation beobachtet: „Der Apparat kippte plötzlich zur Seite, als wenn eine plötzliche Bö unter den linken Flügel geraten wäre“, berichtet er. „Einen Moment lang konnte ich die Oberseite des Gleiters sehen, dann brachte Lilienthal durch einen kraftvollen Schwung seiner Beine die Maschine wieder auf ebenen Kiel.“ Durch die Bewegung verschiebt sich der Schwerpunkt des Gleiters – und damit seine Lage in der Luft.