Forscher / Entdecker

Der erste echte Flug

Auf Flügeln in die Lüfte

Wer im Frühjahr 1891 die alte Sandgrube am Spitzen Berg zwischen den brandenburgischen Örtchen Derwitz und Krielow besuchte, konnte dort ein seltsames Schauspiel beobachteten: Ein bärtiger Mann in den besten Jahren kletterte immer wieder den Nordhang der Grube hinauf und schleppte dabei ein seltsames Gerät mit sich: eine Konstruktion aus gebogenen Holzstäben, über die ein gewachster Stoff gespannt war. Von Weiten betrachtet ähnelte das Ganze einem Paar ausgebreiteter Vogelflügel.

Otto Lilienthal bei einem Testflug in der Sandgrube von Derwitz im Jahr 1891 © Carl Kassner/historisch

Er fliegt!

Was nun geschah, war für die damalige Zeit eine echte Sensation: Scheinbar mühelos nahm der Mann einige Schritte Anlauf und hob dann plötzlich mitsamt seines seltsamen Gleiters ab – er flog! Zum ersten Mal hatte ein Mensch mit Hilfe eines starren Flugapparats den sicheren Erdboden verlassen und war in das Reich der Lüfte aufgestiegen.

Der Mann, dem dieses Kunststück gelang, war Otto Lilienthal, einer der heute berühmtesten Pioniere der Luftfahrt. Mit seinem Gleiter, heute als Derwitzer Apparat bekannt, schaffte er es im Juli 1891 erstmals, bei einem Absprung aus fünf bis sechs Metern Hanghöhe über 20 bis 25 Meter weit in der Luft zu bleiben – und seinen Flug auch noch kontrolliert zu steuern. Mit diesem Flug vor gut 125 Jahren begann ein neues Zeitalter – die Epoche der Luftfahrt.

Basteln von Kindheit an

Der 1848 im mecklenburgischen Anklam geborene Kaufmannssohn hatte schon früh begonnen, sich für das Fliegen zu interessieren. Doch im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen, die allein das Fliegen nach dem Prinzip „leichter als Luft“ für möglich hielten, waren Otto Lilienthal und sein Bruder Gustav vom Flug nach Vogelart fasziniert.

Zeichnung eines Versuchsaufbaus für Flügelschlagexperimente aus dem Jahr 1868 © historisch

Bereits als Jugendliche bastelten die Brüder an Experimenten und Konstruktionen, die den Flügelschlag und Auftrieb der Vögel nachahmen sollten. 1967 begann Lilienthal ein Studium des Maschinenbaus an der Königlichen Gewerbeakademie in Berlin und führte parallel weitere Experimente und theoretische Studien durch. Diese führte er auch weiter, als er erst Ingenieur in einer Maschinenfabrik wurde und dann dank eines erfolgreichen Patents sogar selbst eine Fabrik leitete.

Erst Springen, dann Fliegen

In all diesen Versuchen kam Lilienthal zu der Überzeugung, dass es „einen Flug gibt, den der Mensch auch mit den ihm bis jetzt zu Gebote stehenden Mitteln unter allen Umständen ausführen kann“, wie er 1891 schreibt. „Es ist dieses der schräg abwärts geführte Segelflug, bei welchem man sich eines relativ unbeweglichen Apparates bedienen kann, der die Gestalt ausgebreiteter Vogelflügel besitzt.“

Und genau dieser gelang ihm, indem er immer wieder neue Gleiterformen baute und ausprobierte. „Zunächst hatte ich mir in meinem Garten auf einem größeren Rasenplatze ein Sprungbrett angebracht, welches sich nach und nach erhöhen ließ und von welchem ich mit dem Apparate den Absprung übte“, berichtete er.

Im Frühsommer 1891 dann gelang Lilienthal der Durchbruch: In der Derwitzer Sandgrube flog er erstmals 25 Meter weit – und bewies damit, dass der Mensch mit Hilfe von Flügeln fliegen kann.

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NAdja Podbregar
Stand: 12.08.2016

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Auf Lilienthals Spuren
Können und Konstruktionen des Flugpioniers im Test

Der erste echte Flug
Auf Flügeln in die Lüfte

Von den Vögeln abgeschaut
Was war das Bahnbrechende an Lilienthals Konstruktionen?

Normalsegel-Apparat im Windkanal
Wie gut war Lilienthals Gleiter wirklich?

Der Absturz
Dramatisches Ende eines Flugpioniers

Wer war schuld?
Der Grund für den Absturz Lilienthals

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